1. Januar 2024

Monatsandacht Januar 2024

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Ullrich auch als PDF herunterladen.

Jahreslosung
Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe. 1. Korinther 16,14

Diese Jahreslosung bildet für uns Christen die Überschrift über das Jahr 2024.

Schnell sind wir dabei zu sagen, dass dieser Aufruf, dass alles in Liebe geschehe, doch für Christen selbstverständlich sein sollte.

Jesus selbst antwortete einem Schriftgelehrten auf die Frage nach dem höchsten Gebot mit dem Doppelgebot der Liebe.

Die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten sind es, die unser Denken und Tun prägen sollen.

Und doch sah sich Paulus genötigt, seine Gemeinde in Korinth daran zu erinnern, mehr noch, sie zu ermahnen.

Um das Jahr 50 hatte Paulus die Gemeinde in Korinth gegründet und rund fünf Jahre später schreibt er ihnen einen Brief, zu dessen letzten Sätzen die Jahreslosung gehört. Sie bildet die Quintessenz all dessen, was er vorher schrieb.

Die korinthische Gemeinde war dabei, sich selbst zu »zerlegen«. Unterschiedlichste Strömungen, Schulen, Überzeugungen, Kulturen und soziale Schichten kamen in Korinth zusammen. Das war eine explosive Mischung und die noch junge Gemeinde stand in der Gefahr zu zerbrechen.

Vieles von dem ist uns auch heute, auch in Wanne-Eickel, nicht fremd. Spannungen und unterschiedliche Überzeugungen werden auch für uns und unsere Kirchengemeinde immer wieder zur Herausforderung.

Als Antwort auf diese Herausforderung schreibt Paulus »Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe«. Er macht die Liebe zum Schlüssel für ein gelingendes Leben und auch Gemeindeleben.

Die Liebe, von der hier die Rede ist, ist jedoch kein sentimentales Gefühl. Paulus nennt im griechischen Text das Wort »Agape«, das für die uneigennützige, auf das Wohl des anderen bedachte Liebe steht.

Für Paulus hat die uneigennützige, auf das Wohl des anderen bedachte Liebe, hat Agape, ihren Ursprung bei Gott selbst. »Agape« soll daher zur Lebenshaltung von Christen werden. Christen wissen sich von Gott geliebt und leben diese Liebe in ihrem Alltag, in ihrem Miteinander, in der Gemeinde.

Sehe ich im Gegenüber einen von Gott geliebten Menschen, so verbindet uns dieses Geliebtsein über alle Spannungen und unterschiedlichen Überzeugungen hinweg.

Und so wird aus der Jahreslosung »Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe« ein Anspruch, der seinen Ursprung im Zuspruch Gottes hat.

Der Zuspruch Gottes, dass wir selbst und unser Gegenüber seine geliebten Kinder sind, bildet durch die Jahreslosung dann nicht nur die Überschrift über das Jahr 2024, sondern über unser gesamtes Leben.

»Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe« soll auch unsere Antwort auf den großartigen Zuspruch Gottes werden. So wird dann auch heute die Liebe zum Schlüssel für unser eigenes Leben und für das der Ev. Kirchengemeinde Wanne-Eickel.

Das zu erfahren wünsche ich uns zu Beginn dieses neuen Jahres.

Ihr/Euer Pfarrer
Hans-Paul Ullrich

1. Dezember 2023

Monatsandacht Dezember 2023

Hier können Sie die Andacht von Pfarrerin Holzmann auch als PDF herunterladen.

Es ist wieder so weit. Alle Jahre wieder. Diesmal wird es anders sein, denke ich. Dieses Jahr beginne ich zeitiger, lebe adventlicher. Dieses Jahr habe ich genug Zeit für alles. Und nun habe ich wieder das Gefühl, als sei ich schon mittendrin. Im Weihnachtsgewusel. Bei Terminen. Und schon wieder kommt alles früher und schneller als ich es geplant hatte. Als wüsste man nicht, dass der Dezember naht.

Ich bin auf der Suche. Alle Jahre wieder. Wenn der Dezember sich durch Schnee, Kälte und Dunkelheit ankündigt. Ich suche nach einem bestimmten Augenblick. Nach einem Ritual. Nach einer Sache, einem Moment, der mich in die Weihnachtsstimmung bringt. Es gibt überall natürlich schon Anzeichen dieser Stimmung. Wie die leuchtenden Blicke der Kinder in der KiTa, die mir freudig erzählten, dass sie ganz bald das erste Türchen vom Adventskalender öffnen dürfen. Wie das Festlegen eines Termins für einen Wichtelabend mit Freunden. Wie die Buden und das bunte Leuchten des Cranger Weihnachtszaubers, das noch weit am Abend den Himmel erhellt.

Es ist natürlich auch ein Ritual, sich weihnachtliche Musik anzumachen. Die Weihnachtskiste wieder ganz hinten aus dem Keller hervorzukramen. Den Adventskranz neu zu dekorieren, Lindtkugeln auszupacken und sich erste Gedanken zum Weihnachtsessen zu machen. Alle Jahre wieder. Und doch hat es für mich manchmal den Anschein: man macht es, aber die adventliche Stimmung kommt doch nicht richtig auf wie geplant.

Insofern glaube ich – und da stimme ich Christiane Langrock-Kögel, einer Schriftstellerin zu: Es hilft und tut gut, diese Rituale alle Jahre wieder wie eine Weihnachtskiste hervorzukramen und vom Staub zu befreien. Denn dies schafft eine Verbindung zu all den schönen Weihnachts-Dezember-Zeiten aus den vorherigen Jahren und ruft die Erinnerungen wieder wach.

Das Wichtigste ist aber eigentlich das Suchen der Weihnachtsstimmung selbst. Die Suchbewegung. Und das ist gut so! Wenn ich etwas suche, bin ich offen für etwas. Dann habe ich eine empfangende Haltung. Dann schaue ich auf das, was mir begegnen und mich berühren wird. Es schärft meine Wahrnehmung wie eine Katze auf der Suche nach etwas Neuem, worauf sie Jagd machen kann. Vielleicht geht es gerade darum im Advent: offen zu bleiben. Zu schauen, was hinter der nächsten Kalendertür auf einen wartet. Die Erwartungen nicht zu fest zu stecken, sondern selbst zu warten. Auf den oder die, die mir begegnen. Auf schöne und besondere Augenblicke. Auf das kleine Kind in der Krippe, das mich immer wieder auf ganz verschiedene Arten berühren und herausfordern kann. Vielleicht ist dies mein eigentliches Adventsritual.

Adventszeit. Zeit, um Türen zu öffnen. Zu suchen.
Offen sein für Gott und spannende Begegnungen.
Zeit zu verschenken.
Nichts zu erwarten. Sondern zu warten.
Und zu vertrauen auf das Kind in der Krippe, das das Seine dazu tun wird.
Ihnen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit!

Pfarrerin Janne Holzmann

1. November 2023

Monatsandacht November 2023

Hier können Sie die Andacht von Diakon Timo Henkel auch als PDF herunterladen.

Mit riesigen Schritten kommt die kalte Jahreszeit auf uns zu. Im Normalfall fangen meine Kinder spätestens Ende Oktober an, das Thema Schnee anzusprechen. „Meinst du, es wird in diesem Jahr schneien?“ und „Weißt du noch, im letzten Jahr konnten wir im Garten einen Schneemann bauen“. Ich erinnere dann meistens daran, dass der Schneemann maximal kniehoch war, und es in unseren Breitengraden höchstens ein oder zwei Tage im Winter ein wenig schneit. Aber andererseits genieße ich die kindliche Freude am Schnee. Kinder können ihn noch genießen und denken bei den ersten Flocken nicht sofort an glatte Straßen, verspätete Züge oder schwarz-braunen Schneematsch, der die Kleidung besprenkelt.

Richtig gut ist Schnee natürlich in den Alpen. In meiner Jugend bin ich des Öfteren bei der Skifreizeit unserer Gemeinde mitgefahren. Auf den schneebedeckten Gipfeln habe ich so manche Erfahrung gemacht, die ich so schnell nicht vergessen werde. Eine davon war für mich besonders einprägsam, weil sie mir etwas vor Augen geführt hat. Der Tag begann eigentlich recht sonnig und mit gutem Skiwetter. Als wir uns während der Mittagspause auf der Almhütte versammelten, war aber schon abzusehen, dass sich dies im Laufe des Nachmittags ändern kann. Und so kam es dann auch, es zogen Wolken auf, nach und nach wurden es mehr. Irgendwann entschloss ich mich gemeinsam mit einer anderen Teilnehmerin mit meinem Snowboard auf die letzte Abfahrt zu gehen. Schon kurz nachdem wir losgefahren waren, war klar, dass dies keine gute Idee war. Die Wolken bildeten inzwischen ein dichtes Nebelfeld. Je weiter wir fuhren, desto weniger konnten wir sehen. Irgendwann war der Nebel so dicht, dass wir den Weg nicht mehr erkennen konnten. Außerdem konnten wir nur wenige Meter Abstand voneinander halten, ansonsten hätten wir uns gegenseitig nicht mehr gesehen. Da wir die Piste vorher schon ein paar Mal gefahren sind, wussten wir, dass sich neben der Piste in nicht allzu großer Entfernung eine steile Klippe befand. Nur wo genau, konnten wir natürlich nicht erkennen. Wie sollten wir nun also den Berg herunterkommen? Es war klar, dass die Piste nicht schnurgerade ist, und nicht immer war der Schnee außerhalb der Piste von demjenigen auf der Piste zu unterscheiden. Nach ein paar Minuten des großen Unbehagens, alleine, mitten auf der Strecke, kamen wir auf die rettende Idee. Am Rand der Piste standen im Abstand von 10-15 Metern Pistenmarkierungen, die uns anzeigten, wo die Piste endete. Ähnlich wie ein Straßenbegrenzungspfeiler auf jeder deutschen Straße. Wir mussten also nur von Pfeiler zu Pfeiler fahren, um auf dem richtigen Weg zu bleiben. Wir setzten uns in Bewegung. Natürlich sehr langsam, um bloß den nächsten Pfeiler nicht zu verpassen. Da wir zu zweit waren, ging das ganz gut und wir fanden schließlich den Weg in die Talstation.

„Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.“ So steht es in Psalm 23, Vers 3. Öfter im Leben als uns lieb ist können wir in Nebel geraten. Oder uns in der einen oder anderen Situation nicht sicher sein, was moralisch, menschlich richtig ist. Wie gut, dass Gott uns auf der rechten, auf der richtigen Straße führt. Wie gut, dass Gott den Weg schon markiert hat. Ähnlich den Pistenmarkierungen in meinem Erlebnis. Die Bibel gibt mir dabei die Orientierungspunkte. Insbesondere die Geschichten und Gleichnisse von Jesus geben mir dort immer wieder neu Entscheidungshilfen und die richtigen Markierungen. Gott führt mich auf der richtigen Straße und sorgt durch gute Kennzeichnung dafür, dass ich den Weg nicht aus den Augen verliere.

Ich wünsche uns allen, dass wir gut unsere Piste hinunterkommen, auch wenn es einmal nebelig sein sollte. In Jesus finden wir dabei den Weg, dem wir folgen können.

Timo Henkel

1. Oktober 2023

Monatsandacht Oktober 2023

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Thoma auch als PDF herunterladen.

[AUF EIN WORT]

SEID TÄTER DES WORTS UND NICHT HÖRER ALLEIN;
SONST BETRÜGT IHR EUCH SELBST.
Jakobus 1,22

Liebe*r Leser*in,

ich habe ein ungutes Gefühl: Je weniger Menschen einer christlichen Kirche in unserem Land angehören, desto mehr beschäftigen wir als Kirche und Gemeinde uns mit uns selbst. Da wird verzweifelt nach Gründen gesucht, da wird die gegenwärtige Zeit als gottlos bedauert, da wird sich zurückgezogen, auf das, was noch da ist. Es sind Schutzreaktionen auf eine veränderte und sich verändernde Welt hier bei uns. Und manches davon ist auch hilfreich: Der Versuch zu verstehen, was sich verändert oder das wahrzunehmen, was in unserer Gemeinde auch Bestand hat und wichtig ist. Aber es steckt auch eine große Gefahr darin, sich davon lähmen zu lassen, wie eine Tier, das sich tot stellt, wenn es bedroht wird und sich aufs ‚Überleben‘ zu konzentrieren. 

Jakobus verweist auf das Wort [Gottes] und setzt es in Beziehung zu seiner Gemeinde. Dieses Wort will gehört werden. Und im Hören entfaltet dieses Wort, entfaltet Gottes Geist eine Kraft, die sich nicht tot stellt, sondern lebendig macht. 

Eine Kraft, die wegführt von einer lähmenden Perspektive des Überlebens hin zu einem Blick auf die lebendige Wirksamkeit Gottes in dieser Welt.

Aber diese Wirksamkeit beschränkt sich eben nicht nur auf das Hören: Seid Täter des Worts. Gott wird in dieser Welt auch wirksam durch Menschen. Weder trotz sondern gerade in dieser besonderen Situation, in der sich die sichtbare Kirche Jesu (also die Institution) gerade befindet. Wir dürfen uns als Christen nicht selbst genug sein (nur als Hörer*in), weil wir an Jesu statt für andere da sind (als Täter*in), um gerade darin Gottes Liebe für andere erfahrbar zu machen und so Räume für einen eigenen Glauben zu eröffnen. Schon im Alten Testament macht Gott durch Hosea darauf aufmerksam (Hosea 6,6) und die Worte von Jakobus sind nicht weniger drastisch gewählt: Sonst betrügt ihr euch selbst. Und doch sind sie auch ehrlich und klar, um auch sich selbst gegenüber ehrlich und klar zu sein. 

In alledem bleibt es wichtig zu sehen, wer wirksam ist: Nicht ich, sondern Gott selbst. Mich ermutigt das, mich mit all meinen Ecken und Kanten von der Liebe Gottes treiben zu lassen. 

Pfarrer Michael Thoma

1. September 2023

Monatsandacht September 2023

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Schröder auch als PDF herunterladen.

Monatsspruch September
Jesus Christus spricht: Wer sagt denn ihr, dass ich sei?   Matthäus 16,15

In der Jugendarbeit unserer Gemeinde ist Sommerzeit gleich Ferien-Freizeit. Weil diese Tage so wertvolle Dinge bieten: Aktiv sein. Gute Gemeinschaft erleben. Lebensfördernde Impulse bekommen. Spannende Menschen kennen lernen, indem wir Zeit mit ihnen verbringen. Tiefe und inspirierende Gespräche führen. Zusammen Abenteuer erleben.

In gewisser Weise war ein wenig davon schon damals bei Jesus zu erleben, als er bei uns auf der Erde war. Er zog mit seinen Freunden durch Galiläa und die Menschen lernten ihn kennen. Das war Freizeit mit Jesus. Sie wanderten mit ihm, hörten ihm zu und erlebten seine Wunder. Für die Jünger wurde diese Gemeinschaft sehr tief und gründlich. Aber auch die anderen Menschen, die sie unterwegs trafen, machten sich ein Bild von ihm. Die einen fanden Jesus faszinierend und setzten ihre Hoffnung auf ihn. Für sie war er ein Großer. Die anderen lehnten ihn ab. Für sie war er ein Ärgernis.

Bei dieser Meinungsvielfalt stellt Jesus seinen engen Freunden die alles entscheidende Frage. Dabei geht es ihm nicht um Fremdbestätigung oder Stärkung seines eigenen Selbstbewusstseins. Jesus weiß, wer er ist. Es geht ihm um seine Jünger. Entscheidend ist ihre und unsere Sicht auf Jesus. Entweder halten wir Jesus für einen gescheiterten Weltverbesserer, oder er ist tatsächlich der lebendige Gott selbst. Jesus stellt mir und dir dieselbe Frage. Sie erfordert eine persönliche Antwort.

Simon Petrus bekennt Jesus: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Der lebendige Gott selbst. Der Eine, dem der Vater alles übergeben hat und ohne den niemand den Vater kennen kann. Der Herr und Retter. Einzigartig. Unvergleichlich.

Wie kommt Petrus zu dieser Antwort? Er hat Jesus erkannt. Nicht, weil er viel theoretisches Wissen über Jesus angehäuft hat. Seine Antwort war auch nicht die Folge eines Gefühls nach den Highlights der vergangenen Monate. Petrus hat Jesus erfahren. Das ist auch heute möglich. Wie lautet deine Antwort?

Es grüßt ganz herzlich,

Ihr Pfarrer Frank Schröder

1. August 2023

Monatsandacht August 2023

Hier können Sie die Andacht von Pfarrerin Holzmann auch als PDF herunterladen.

Denn Du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.
Psalm 63,8

In den letzten Jahren habe ich das Buch der Psalmen immer mehr zu schätzen gelernt.

Die Psalmen zeigen mir, dass damals Menschen lebten, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie wir und ähnlich mit ihnen umgehen. Die Psalmen sprechen für mich nicht nur in die damalige historische Situation hinein. Sie sind offen für jede Gegenwart.

Die Betenden äußern sich voller Freude, voller Lob und Dankbarkeit für Gottes Schutz und Trost. Sie sind voller Hoffnung, dass etwas Besseres in der Zukunft liegt. Sie klagen. Weil es vieles gibt, was sie trauern und traurig sein lässt. Manchmal sind ihre Worte sehr harsch, unangenehm und schwer auszuhalten. Aber die Betenden teilen Gott deutlich mit, wie es ihnen geht, was sie beschäftigt und betrübt oder erfreut. Das gefällt mir.

Der Monatsspruch für August steht in Psalm 63, Vers 8:
Denn Du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.

Unter dem Schatten deiner Flügel – ein schönes Bild. Gott wird hier mit einem Vogel verglichen, der seine Jungen beschützt, indem er seine Flügel um sie legt. Mit einem Vogelweibchen, dass seine Jungen vor Kälte, Nässe und Fressfeinden bewahrt, damit sie gut behütet und sicher ins Leben fliegen können.

Das Bild beschreibt, wie Gottes Hilfe aussieht: Wir können uns bei Gott wie die Jungen sicher und geborgen fühlen durch seine schützenden Flügel. Gott nimmt uns mit diesem Bild wörtlich unter seine „Fittiche“ – vielleicht kennen Sie das Sprichwort. Fittich ist ein anderer Begriff für den Flügel eines Vogels.

Schön finde ich an diesem Monatsspruch auch das „Frohlocken“, das durch die flügelnde Umarmung geschieht. Es kann auch bedeuten, zu jubeln, Gott zu preisen oder zu genießen. Die Jungen haben so wenig Angst, fühlen sich so sicher, dass sie ausgelassen sein können.

Wie ist das aber mit den beschützenden Flügeln, wenn es schwierig wird? Wenn es in meinem Leben stürmisch zugeht? Wenn ich spüre, wie kaltes Nass sich meiner bemächtigen will. Oder jemand bedrohlich seine Kreise zieht, wie ein Raubvogel darauf wartend, dass sich eine günstige Gelegenheit ergibt, zuzuschlagen. In solchen Augenblicken, solchen Zeiten, scheint Gott für mich manchmal fern. Da fehlt mir das Gefühl, dass mich wärmende Flügel umgeben. Das Gefühl von Sicherheit. Vielmehr ist für mich das Unwetter präsent, das mich wacklig im hohen Nest sitzen lässt. Darauf schaue ich.

Die Jungen in der Wildnis spüren auch täglich drohende Gefahr und suchen den Schutz ihrer Mutter. Sie laufen zu ihr, um ihr nahe zu sein und unter ihr schützendes Gefieder zu schlüpfen, bewahrt vor der Außenwelt. Wie kann ich denn die Nähe Gottes suchen, sein Gefieder finden, wenn er mir weit weg scheint und mir Geborgenheit fehlt?

Die Psalm-Betenden haben sich mit ihren Gebeten an Gott gewandt. Im Gebet kann ich wie sie Gott meine Gedanken mitteilen, auch meine Dankbarkeit über Schönes. Alles kann ich Gott erzählen. Im Beten ist nicht nur Platz für lobende Worte, sondern für all das, was mich beschäftigt. In den Psalmen finden sich viele Verse, die Klage ausdrücken, Hilflosigkeit und Wut, weil Gott abwesend scheint und seine Hilfe nicht spürbar ist („Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne“, Psalm 22,2). Trotzdem kann ich Gott im Gebet suchen, zu ihm laufen wie die Jungen zu ihrer Mutter. Denn im Beten sind seine Flügel zu entdecken!

Ich finde es bei vielen Psalmen interessant, dass sich in ihnen eine Wandlung vollzieht.

Am Gebetsanfang klagen die Betenden Gott ihr Leid. Am Ende danken sie Gott, sie hätten Zuversicht und Gewissheit gewonnen, dass Gott ein Helfender sei („weil du mir beistehst und mich tröstet“, Psalm 86,17).

Ich kann bei Gott klein sein wie die Vogeljungen. Vielleicht hilft mir ein Gebet wie den Psalmbetenden damals. Sobald ich alles Gott mitteile, verschwindet meine eigene Last, verschwinden meine eigenen Sorgen zwar nicht. Aber ich bin nicht alleine „Leidtragende“. Gott trägt mit. Dann stellt sich vielleicht auch Erleichterung ein, oder eine Leichtigkeit und mir geht es besser. So, wie es mir geht, wenn ich einer guten Freundin, meinem Partner alles erzählen kann, was mich belastet. Im Vertrauen darauf, dass meine Sorgen bei der Person gut aufgehoben sind.

Gott nimmt mich unter seine Fittiche.
Gott hilft mir, wenn ich bei ihm Schutz suche.
So wage ich von Gott beflügelt das Leben.

Pfarrerin Janne Holzmann

1. Juli 2023

Monatsandacht Juli 2023

Hier können Sie die Andacht von Gemeindepädagogin Grolman auch als PDF herunterladen.

Jesus Christus spricht: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen,
damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet.

Matthäus 5,44-45

Das Christentum ist die Religion der Liebe. Da verwundert es nicht, dass Jesus im Neuen Testament das alttestamentliche Gebot der Gottes- und Nächstenliebe wiederholt und im Bibelvers, der für den Juli dieses Jahres ausgewählt wurde, sogar radikalisiert.

Dieser Anspruch Jesu erschreckt mich fast ein wenig – bin ich doch oft schon nicht in der Lage, die zu lieben, die liebenswert sind. Und nun soll ich die lieben, die mir feindlich gesinnt sind, die ich ablehne?!

Dem Christus der Bergpredigt möchte ich sagen: Lass mir Zeit! Lass mir Zeit, auch erst einmal empört zu sein, zornig oder einfach nur verletzt ob der Menschen, die mich schlecht behandelt haben. Man kann sich selbst nicht überspringen. Auch der Zorn hat sein Recht, auch die Empörung hat ihr Recht.

Und trotzdem will ich mich diesem Bibelwort stellen – in aller Langsamkeit – und überlegen, was es heute bedeuten kann. Lieben kann ja nicht heißen, einem Menschen, den ich nicht mag, mit Gewalt zugeneigt zu sein. Vielleicht wäre es ein Anfang, dass ich entscheide, dass ich darauf verzichte, meinem Feind und meiner Feindin zu schaden. Ich kann darauf verzichten, mich zu rächen.

Eine Idee in diesem Zusammenhang liefert der Theologe Fulbert Steffensky. Er bringt die Tugend der Höflichkeit ins Spiel, wenn er darüber nachdenkt, was das Gebot der Feindesliebe verlangen würde, wenn es um einen Feind oder eine Feindin ginge, die man täglich sehen würde. Er formuliert: „Die Höflichkeit ist die Hoffnung für das Leben von morgen. Ich komme etwa mit einem Kollegen, den ich nicht mag und mit dem ich gerade Streit hatte, an die Tür, halte sie ihm auf und sage die tote Formel: `Bitte nach Ihnen!´ Was tue ich? Lüge ich? Ja, mit der Höflichkeit leugne ich, dass die Feindschaft das letzte Wort hat. Die tote Formal ist lebendiger als mein Herz, das hart und fühllos ist gegen diesen Gegner. Die Höflichkeit flüstert mir zu: Du bist nicht nur der Heutige und Unversöhnte. Du spielst in diesem Formelspiel schon das Spiel der Versöhnung von morgen. Ich spiele, was noch nicht ist, was aber kommen soll. Der Mensch ist mehr als sein Augenblick. Er ist auch sein Gestern, als man noch befreundet war. Er ist in der Form der Höflichkeit auch sein Morgen, wo die Freundschaft wieder wachsen kann. Die Höflichkeit ist nicht nur eine Äußerlichkeit, sie ist die in die Geste geflossene Langfristigkeit des Menschen. So bändigt die Höflichkeit die Feindschaft, wenn sie sie auch noch nicht beseitigt.“

Je näher man einander ist, umso schwieriger ist es, mit der Feindschaft fertig zu werden. So ist mit der Feindschaft zwischen Eheleuten, zwischen Eltern und Kindern viel schwieriger umzugehen, als mit der Feindschaft Halbfremden gegenüber. Je näher die Menschen einander sind, umso gefährlicher ist die Lebenskälte und umso mehr braucht ihr Verhältnis eine Form. Vielleicht gibt es dann noch die Chance, zumindest Momente einer Gesprächskultur zu retten, indem man z.B. Abmachungen bespricht, die dann auch verlässlich eingehalten werden. Man könnte auch sagen: Der verlässliche Gegner ist schon ein halber Freund. Ganz schwierig wird es, wenn man bereits in Sprachlosigkeit verfallen ist oder in einen kommunikativen Dauerclinch. Gut wäre es, eine gewisse Distanz zu halten, die hilft, den Respekt vor dem anderen nicht ganz zu verlieren.

Die Herausforderung dieses Bibelwortes ist groß. Denn: „Lieben“ meint hier alles, nur nicht harmlos und mit allem einverstanden zu sein. Dem Evangelium geht es um Frieden und Versöhnung, aber auch darum, die Augen aufzumachen und zu unterscheiden zwischen Schlägern und Geschlagenen. Ich darf gerechten Zorn haben, wenn Kinder verhungern und die Welt verwüstet wird. Ich darf und muss aber auch dafür sorgen, dass Gräben zwischen Menschen nicht tiefer werden, weil wir alle Kinder unseres Vaters im Himmel sind.
Amen.

Dagmar Grolman, Gemeindepädagogin

1. Juni 2023

Monatsandacht Juni 2023

Hier können Sie die Andacht von Pfr. Schröder auch als PDF herunterladen.

Monatsspruch Juni
Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde und Korn und Wein die Fülle.
1. Mose 27,28

Es ist ein sonniger Urlaubstag in Südfrankreich. Wir sind morgens früh zu einem kleinen Fluss aufgebrochen, der verwinkelt und still durch einige Täler der Pyrenäen verläuft.

Wir mieten dort 4 Boote und starten unsere Kanutour. Es ist einfach herrlich: eine Wasserlandschaft wie im Paradies.

Der Fluss ist glasklar, flache Kiesstrände laden zum Rasten ein, hohe Felswände erheben sich an einer Seite, sie formen geheimnisvolle Buchten. Es ist nicht kalt, wir springen ins Wasser, erleben damit dieses herrliche Stück Erde besonders intensiv. Außer uns ist hier niemand unterwegs, unvorstellbar!

Am Mittag machen wir ein Picknick, haben Baguette, Schinken, Käse und auch einen Schluck Rotwein.

So sitzen wir als Familie zufrieden kauend auf dem Kiesstrand und genießen diesen großartigen Tag. Was kann man sich noch mehr wünschen? Mehr geht doch nicht! Das ist doch das volle Glück!

Isaak wünscht seinem Sohn Jakob auch das volle Glück. Reichtum in landwirtschaftlichen Erträgen: Korn und Wein. Er wünscht ihm Regen zur rechten Zeit und fruchtbare Böden. Er wünscht ihm in allen Belangen Gottes Segen!

Nun gut, eigentlich dachte der blinde Isaak, er hätte seinen anderen Sohn Esau vor sich, nicht Jakob. Der erschwindelt sich den väterlichen Segen, indem er sich verkleidet und falsche Tatsachen vorspiegelt! Übel. Und grade deshalb besonders unerwartet, wie es weitergeht. Denn trotzdem erfährt Jakob in seinem Leben diesen Segen Gottes. Er muss zwar vor dem Bruder Esau fliehen. Doch in der Fremde bei seinem Onkel Laban wachsen seine Herden und seine ganzen Verhältnisse zu unglaublichem Reichtum heran. Und am Ende versöhnt sich Jakob sogar wieder mit seinem Bruder Esau. Auch hier im zwischenmenschlichen Bereich, beim Thema Beziehungen hat Gottes Segen seine Wirkung entfaltet.

Und wir?

Spüren wir in unserem Leben den Segen Gottes? Materiell? Gesundheitlich? Im zwischenmenschlichen Bereich? Wahrscheinlich nicht immer und nicht zu jedem Zeitpunkt. Aber doch auf weiten Strecken, grundlegend und tragend. Da sehe ich doch diese Zusage Gottes, diese Segenslinie durch mein Leben. Unverdient. Und ‚trotzdem‘, wie Jakob. Und dann gibt es sogar das obendrein auch noch, diese besonderen Momente, die herausstechen: Wasser, Sonne, ein Schluck Wein, Käse, Brot und Urlaubsglück.

Einen gesegneten Sommer wünscht Ihnen

Ihr Pfarrer Frank Schröder

1. Mai 2023

Monatsandacht Mai 2023

Hier können Sie die Andacht von unserem Gemeindepädagogen Timo Henkel auch als PDF herunterladen.

Wehmütig schaue ich die letzte Folge der letzten Staffel meiner Lieblingsserie. Eigentlich möchte ich gar nicht, dass sie vorbei geht. Nebenbei stelle ich fest, dass diese letzte Folge auch den Zuschauer geschickt auf das Serienende, und die dadurch resultierende Veränderung der eigenen Sehgewohnheit, einstellt.

Nun ja, es ist zugegebenermaßen eine kleine Veränderung, eine alte Serie nicht mehr zu sehen und sich auf eine neue Serie einzustellen. Andere Veränderungen machen uns im Leben eher zu schaffen. Die Kinder wechseln die Schule oder gehen gar aus dem Haus. Eine Ausbildung oder ein Studium wird angefangen. Ein Arbeitsplatzwechsel steht an. Die Eltern werden pflegebedürftig. Sicherlich fallen dem einen oder der anderen weitere Lebensveränderungen ein.

In meinem alten Büro hängt ein Bild mit einem Spruch. „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“ Durch Googeln fand ich heraus, dass Aristoteles dieser Satz zugeschrieben wird. Sicherlich hat er recht. Veränderungen kommen und sind unabdingbar. Aber wir können uns mit den uns von Gott gegebenen Fähigkeiten darauf einstellen. Denn letztendlich besteht das ganze Leben aus Veränderungen. Gleichzeitig sind sie ziemlich oft aber auch eher unbeliebt. Man hatte sich gerade daran gewöhnt, wie alles läuft. Nun muss man neu darüber nachdenken, wie man sich organisiert und auf die Veränderung einstellt.

Für mich war in solchen Situationen der Gedanke tröstlich, dass bei aller Veränderung, die im Leben so vorkommt, Jesus und Gott immer dieselben bleiben. In Hebräer 13, Vers 8 finde ich den Vers: „Jesus Christus ist derselbe – gestern, heute und für immer“. Egal welche großen oder kleinen Veränderungen auf uns warten – wir können uns darauf verlassen, dass Jesus zuverlässig an unserer Seite steht, denn er ist der eine Faktor, der sich nicht verändert und zu dem wir in jeder Lebenslage kommen dürfen.

Timo Henkel

1. April 2023

Monatsandacht April 2023

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Kenning auch als PDF herunterladen.

"Denn dazu ist Christus gestorben und wieder lebendig geworden,
dass er über Tote und Lebende Herr sei."
(Römer 14,9)

Liebe Gemeinde,

Kurz und knapp hat der Apostel Paulus für uns den Sinn und Zweck von Jesu Tod und Auferstehung aufgeschrieben: Jesus ist der Herr über Tote und Lebende. Wenn man das noch kürzer zusammenfassen wollte, dann käme folgende Formulierung heraus: „Jesus ist der Herr“. Das ist der kleinste gemeinsame Nenner aller neutestamentlichen Zeugnisse. „Herr“ ist in Bibel eine übliche Anrede für Gott. Wenn Jesus also „Herr“ genannt wird, dann wird er „Gott“ genannt.

Wer das Neue Testament also zusammenfassen möchte, der kann es mit eben diesem kurzen Bekenntnis tun.

Das Schöne an dieser Formulierung ist, dass „Herr“ eine persönliche Beziehung zu Gott ausdrückt und nicht etwa das bloße Wahrhaben einer übernatürlichen Macht, die man „Gott“ nennen könnte.

Wer Jesus seinen Herrn nennt, der hat die große Freude, sich des ewigen Lebens und der Vergebung der Sünden gewiss zu sein. So legt es uns die Formulierung unseres Monatsspruches nahe, die Paulus natürlich bewusst so gewählt hat. Die eigentlich chronologische Reihenfolge wäre es ja geboren zu werden, zu leben und dann zu sterben, aber Paulus hat seinen Blick schon auf die Ewigkeit gerichtet. Er schreibt vom Sterben bzw. von Toten und dann vom Leben und er meint es eben auch als zeitliche Reihenfolge. Wir werden, nachdem wir gestorben sind, wieder leben, weil Jesus der Herr ist über Tote und Lebende.

Aber wo kommt hier die Vergebung der Sünden plötzlich her? Biblisch ist das natürlich wahr und richtig, aber im Monatsspruch selber steht davon erstmal nichts, oder doch?

Nun ja, es gibt halt noch ein anderes Tot-Sein und ein anderes Lebendig-Sein, auf das Paulus hier anspielt als das rein Körperliche: Nämlich das Tot-Sein und das Lebendig-Sein in der Liebe unserem Gott und unseren Nächsten gegenüber. Natürlich sollen die Gläubigen in der Liebe lebendig und nicht tot sein. Das passt auch viel mehr zu Jesus Christus, dessen Liebe ja der Grund gewesen ist, aus dem er sein Leben für uns gegeben hat. Aber trotz aller eigener Anstrengungen gibt es eben Situationen, in denen man aus eigener Kraft nicht mehr aus seiner Lieblosigkeit herauskommt. Und dann braucht man nichts anderes mehr als ein Wunder, damit man wieder lebendig wird. Dieses Wunder kann Jesus wirken. Jesus ist der Herr über alle, auch über die, die in der Liebe tot sind, damit er sie wieder lebendig machen kann und sie ihn als ihren Herrn bekennen. Diese biblische Wahrheit anzunehmen, soll Mut machen den Glauben an die Auferstehung Jesu zuversichtlich und liebevoll zu bekennen. 

Amen.

Pfarrer Ferdinand Kenning

1. März 2023

Monatsandacht März 2023

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Thoma auch als PDF herunterladen.

Was kann uns scheiden von der Liebe Christi?
Röm 8,35

Liebe*r Leser*in,

Paulus stellt hier eine, wenn nicht die entscheidende Frage, weil diese Frage mich in meiner ganzen Existenz im Hier und Jetzt bis in die Ewigkeit betrifft: Was kann uns von der Liebe Jesu trennen? Und Paulus gibt selbst die Antwort in den folgenden Versen: NICHTS! GAR NICHTS! Keine anderen Mächte, kein Mensch, noch nicht einmal der Tod! NICHTS!

Was für eine Verheißung! Eine von vielen in der Bibel, aber doch eine besondere. Denn die allermeisten Verheißungen Gottes sind logischerweise an bestimmte Personen zu einer bestimmten Zeit gerichtet: So wie bei Abraham und seinen Nachkommen oder an das Volk Israel und die Rückkehr aus Ägypten.

Diese Verheißung jedoch ist universal, weil das Heil, das Jesus bringt, grundsätzlich universal ist. Es gilt allen, nicht nur einer bestimmten Gruppe von Menschen, noch nicht einmal nur allen Menschen, sondern seiner ganzen Schöpfung – uns alle eingeschlossen. Und Jesus selbst ist der Weg dazu.

Wir bewegen uns in diesem Monat auf Ostern zu. Auf den Grund dieser Verheißung: Den Tod von Jesus am Kreuz und die Überwindung dessen. Weil wir an Ostern die Auferstehung feiern können, dürfen wir uns dieser Verheißung gewiss sein: Nichts kann uns von SEINER Liebe trennen!

Und diese Verheißung gilt mitten in die Passionszeit hinein. Mitten in meine Passionszeit hinein. Mitten in mein Leiden, meine Ungewissheit, meine Unzulänglichkeiten hinein: Nichts, aber auch gar nichts kann mich von Jesus und seiner Liebe trennen. Egal, was passiert. Egal, was ich tue. Sie bleibt. ER BLEIBT! Es bleibt für mich ein tröstendes, ein hoffnungsvolles Wort mitten in dieser Zeit, weil sich diese Verheißung immer wieder neu erfüllt.

Herzliche Grüße,
Michael Thoma

1. Februar 2023

Monatsandacht Februar 2023

Hier können Sie die Andacht von Pfarrerin Hanussek auch als PDF herunterladen.

In dem bekannten Lied von Jürgen Grote heißt es: „Mögen Engel dich begleiten auf dem Weg, der vor dir liegt. Mögen sie dir immer zeigen, dass dich Gott unendlich liebt.“

Wer aber sind denn „die Engel“?

Engel sind Boten zwischen der himmlischen und der irdischen Welt. Sie überbringen uns göttliche Weisungen und tragen irdische Anliegen im Himmel vor.

Um die Weisungen zu verstehen, bedarf es scharfer Ohren, damit wir inmitten des Lärms, der uns umgibt, ihre engelhaften sanften Stimmen vernehmen können.

Und manchmal – ganz selten – verwandelt sich ihre Stimme in einen Windhauch, der zärtlich über unsere Gesichter streichelt.

Eine besondere Art der Engel sind Schutzengel: „Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.“ (Psalm 91,11).

In früher Zeit wurden Engel zumeist in weiße Gewänder gehüllt dargestellt – bis zum 4. Jahrhundert ohne Flügel – und auch die weitere Farbgebung war von großer Bedeutung: Die Farben Gold, Rot, Purpur und Blau, die überwiegend verwendet wurden, galten als Symbole göttlicher Ordnung.

Die Engelsbildnisse veränderten sich permanent im Laufe der Jahrhunderte. Da gab es Ritterengel, versehen mit Schwert und Feuer, und Engelsgestalten mit den anmutigen Körpern schöner Jünglinge.

Ihnen folgten kindliche, dicke „Engelchen“, die Putten. Danach experimentierten Künstler mit Licht und Schatten.

So hat William Turner im Stil der Romantik das Bild „Engel vor der Sonne“ gemalt. Es zeigt einen weiblichen Engel, der in einer strahlenden Sonnenmitte fast zerfließt.

Im 19./20. Jahrhundert und in der Zeit der Weltkriege, fanden Engel kaum Platz in der Kunst. Nur wenige widmeten sich den „Engelswesen“. Dazu gehören Ernst Barlachs flügelloser Engel, der an die Toten der Kriege erinnert.

Der „Stürzende Engel“ von Marc Chagall und der „Angelus Novus“ von Paul Klee aus den 40er Jahren, den Walter Benjamin „Engel der Geschichte“ nannte.

In letzter Zeit werden Engel wiederentdeckt. Auf den Friedhöfen und Geschenkartikelläden wimmelt es von Engeln. Losgelöst von Gott finden wir sie im Versicherungsgewerbe, als Glücksbringer oder Seelentröster.

Was aber wollen wir von diesen zeitgenössischen Engeln? Diesen Engeln ohne Gott. Diesen Engeln ohne Bindung, ohne Verbindung.

Auch sie sollen schützen und trösten. Können sie das denn? Ohne Gott? Ohne Glauben? Sind sie denn dann überhaupt Engel?

Engel sind Boten Gottes. Und nur als solche können sie ihre Liebe entfalten. Nur als Boten Gottes schützen und trösten sie. Nur also solche sind sie da.

Nur als solche sind sie „das Geheimnis der Gegenwart des Himmels auf der Erde.“ (Karl Barth).

Amen.

Pfarrerin Hanussek

1. Januar 2023

Andacht zur Jahreslosung

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Schilling auch als PDF herunterladen.

J A H R E S L O S U N G
Du bist ein Gott, der mich sieht. (1. Mose 16,13)

Alte Zeiten, aber vertraute Dramen. Wir finden sie in Fülle auch in der Bibel.

Da waren sie hart zusammengestoßen, die beiden Frauen Abrahams: Sarah, die „Hauptfrau“ und Hagar, ihre „Dienerin“: Auf Wunsch der kinderlosen Sarah wird Hagar von Abraham geschwängert. Nachkommen müssen sein. Hagar schwillt der Kamm. Sarah, voller Eifersucht, ist außer sich. „Weg mit Hagar.“ Abraham lässt es zu, dass Sarah sie buchstäblich in die Wüste schickt. Ein Todesort für eine von allen Verlassene.

Hagar, am Tiefpunkt ihres Lebens, am Ende ihrer Kräfte, den Tod vor Augen, hört die Stimme, die ihr sagt  - ganz unmittelbar, ganz unerwartet - : „Kehre wieder um zu deiner Herrin... du wirst zahllose Nachkommen haben...“ Hagar weiß nicht, wie ihr geschieht. Hagar erfährt eine ungeahnte Kraft. Die Kraft, das Schema von Hochmut und Hass, von Verachtung und Entwertung zu überwinden. Die Kraft, ihre Verzweiflung zu überwinden. Die Kraft, sich auf den Weg zu machen. Die Kraft, sich Sarah unterzuordnen. Ein riesiges Opfer ist das: Unterordnung. Sie zahlt gerne den Preis. Für Ismael, den Sohn. Für eine gedeihende Zukunft. Die Nachkommen. Und für die Mühe, womöglich Sarahs Herz zu gewinnen, auch wenn das lange genug hart bleibt. Sarahs Problem.

Der Kern der Geschichte? Der Ermutigung? Der Kraft?

"Du bist ein Gott, der mich sieht." Das ist das Zentrum ihrer Erfahrung. Der Erfahrung, die sich durch die Jahrhunderte zieht. Die auch am heutigen Tag gilt. Auch morgen. Es geht um die Macht eines ganz tiefen Vertrauens. Auch wenn alles unter uns Menschen zerbrochen sein sollte.

Ich las von dem Vater, der seinen Sohn verloren hatte. Durch Selbsttötung. Durch die unermesslich tiefe Trauer hindurch geschieht es dennoch: Er bleibt ein liebevoller Mensch. Er erzählte: „Zuunterst in meiner Not, in aller Sinnlosigkeit und Trauer, da, wo es eine große Leistung war, schon nur die nächste Viertelstunde zu überstehen, da erfuhr ich mich getragen. Danke, Herr, dass du mich gesehen hast, als ich verloren war.“

Was immer im neuen Jahr kommen mag: In tiefen Nöten braucht kein Mensch Moralisierungen. Aber die Kraft der Zusage: „Gott sieht.“

Gott schenke Ihnen das Vertrauen darauf, dass das so ist. Und das, was mit einem vor Gott ehrlich gewordenen Herzen daraus folgt: das Geschenk eines neuen Lebens. Mit Gott. Und miteinander. Auf dieser Erde. Und in Ewigkeit.

Den Segen dieses neuen Lebens wünscht Ihnen/Euch
von Herzen    

Ihr/Euer Gerd Schilling, Pfarrer i.R.

1. Dezember 2022

Monatsandacht Dezember 2022

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Hans-Paul Ullrich auch als PDF herunterladen.

Das Licht der Welt

Nun sind wir angekommen inmitten der dunklen und kalten Jahreszeit. Die stillen Feiertage liegen hinter uns. Und nicht nur die Jahreszeit mit ihren kürzer werdenden Tagen lässt es dunkler werden. Nein, auch das, was in unserer Welt geschieht, lässt es um uns herum und in unseren Herzen dunkler werden.

Wie ein dunkler Schleier legen sich die Berichte vom Krieg in der Ukraine, von einer bevorstehenden neuen Corona-Welle, von einer drohenden Energiekrise - vielleicht sogar einem »Blackout« - und von drohenden wirtschaftlichen Einbrüchen über unser Leben.

Da tut es doch gut, wenn die Advents- und Weihnachtszeit Licht in diese Dunkelheit bringen will. Und so leuchten – trotz der Energiekrise - Lichter über Lichter. Der größte transportable Weihnachtsbaum der Welt lässt seine Lichter über dem »Weihnachtszauber« erstrahlen, Lichter schmücken die Weihnachtsmärkte, Vorgärten und Fenster.

Und doch, so frage ich mich, vermögen diese Lichter die Dunkelheit wirklich zu vertreiben? Bringen sie Licht auch in die Dunkelheit unserer Herzen? Oder können uns die vielen Lichter auch zu Irrlichtern werden? Irrlichter, die uns versprechen, dass sich die Dunkelheit in unserem Leben durch das Kaufen in mit Lichtern geschmückten Geschäften, durch den Genuss von Glühwein und Geselligkeit auf den Weihnachtsmärkten oder durch eine wilde Fahrt in einem blinkenden Fahrgeschäft auf dem Weihnachtszauber vertreiben lässt.

Ich möchte unseren Blick auf Jesus Christus lenken, der uns den Weg aus der Dunkelheit zeigt, wenn er sagt: »Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.« (Joh. 8, 12)

Das ist doch eine großartige Zusage. Jesus, das Licht der Welt – das zu erfahren, dazu sind wir in der Advents- und Weihnachtszeit eingeladen. Eingeladen Jesus Christus zu begegnen, ihm nachzufolgen und in dieser Nachfolge zu erleben, wie sein Licht unser Leben hell macht.

Kein Kaufen, keine Geselligkeit, kein Glühwein, kein Fahrgeschäft und auch keine hell leuchtenden LED-Lichter in Fenstern und Vorgärten können uns das erfahren lassen, was Jesus Christus uns verspricht: »Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.« Lasst uns doch nicht mit weniger zufrieden sein.

In der Advents- und Vorweihnachtszeit bekommen wir die Gelegenheit umzukehren, unser Leben neu auszurichten, auf das Wesentliche hin, auf Jesus Christus. Lasst uns diese Gelegenheit doch nutzen und diese Adventszeit bewusst als Vorbereitung auf die Geburt Christi zu Weihnachten gestalten. Nehmen wir uns die Zeit, die Veranstaltungen unserer Gemeinde, den »Lebendigen Adventskalender«, das »Adventssingen«, das »Weihnachtskonzert« und die Advents- und Weihnachtsgottesdienste zu besuchen. Nehmen wir uns die Zeit zur persönlichen Einkehr und Besinnung bei Gebet und Bibellese und lasst uns bewusst Jesus Christus nachfolgen und so erfahren, dass wir nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben.

Diese Erfahrung verändert uns und lässt uns selbst zu Zeugen Jesu Christi werden. So werden wir zum Licht, so wie es Jesus uns zugesagt hat: »Ihr seid das Licht der Welt.« (Mt. 5, 14). Als Nachfolgende Christi können wir ganz lebensnah Licht in die Dunkelheit tragen - Flüchtenden Zuflucht gewähren, den Frierenden Wärmeorte bieten, Bedürftigen helfen, Menschen trösten und sie ermutigen. So weicht die Dunkelheit dem Licht.

Der folgende altirische Segenswunsch möge uns auf unserem Weg durch diese Adventszeit begleiten:

»Segen sei mit dir,
der Segen strahlenden Lichtes,
Licht um dich her
und innen in deinem Herzen,
Sonnenschein leuchte dir
und erwärme dein Herz,
bis es zu blühen beginnt
wie ein großes Torffeuer,
und der Fremde tritt näher,
um sich daran zu wärmen.

Aus deinen Augen strahle
gesegnetes Licht,
wie zwei Kerzen
in den Fenstern eines Hauses,
die den Wanderer locken,
Schutz zu suchen dort drinnen
vor der stürmischen Nacht.

Wen du auch triffst,
wenn du über die Straße gehst,
ein freundlicher Blick von dir
möge ihn treffen.«

Ihr Pfarrer
Hans-Paul Ullrich

3. November 2022

Monatsandacht November 2022

Liebe Leserinnen und Leser,

wir hatten einen langen Sommer. Selbst der Oktober überraschte mit ungewöhnlich warmen Temperaturen. Nun ist es plötzlich Herbst – wir befinden uns schon mittendrin. Das Laub erfreut durch bunte Farben, Straßen und Wege werden von abfallenden Blättern überhäuft. Die dunkle nasse Jahreszeit kommt spürbar näher. Das Ende des Kirchenjahres steht bevor mit seinen eher schweren Feiertagen wie Buß- und Bettag oder Ewigkeitssonntag. Für manche ist dies eine bedrückende und traurig stimmende Zeit, die ihre eigene Schwere hat. Erich Kästner fühlte wohl auch diesen Novemberblues:

Ach, dieser Monat trägt den Trauerflor...
Der Sturm ritt johlend durch das Land der Farben.
Die Wälder weinten. Und die Farben starben.
Nun sind die Tage grau wie nie zuvor.
Und der November trägt den Trauerflor.

Der Friedhof öffnete sein dunkles Tor.
Die letzten Kränze werden feilgeboten.
Die Lebenden besuchen ihre Toten.
In der Kapelle klagt ein Männerchor.
Und der November trägt den Trauerflor.

Was man besaß, weiß man, wenn man's verlor.
Der Winter sitzt schon auf den kahlen Zweigen.
Es regnet, Freunde. Und der Rest ist Schweigen.
Wer noch nicht starb, dem steht es noch bevor.
Und der November trägt den Trauerflor.

Dieses Gedicht lässt mich schnell in den Blues gleiten, Erich Kästner hat ja wirklich keinen Raum für positive Stimmung gelassen. Mir gefällt der November aber auch. Denn er lässt Raum für Schweres – für Ruhe, Besinnlichkeit, Trauer. Für all das, was in den fröhlichen Zeiten des Jahres weniger Platz findet, aber seinen Ort braucht. Für das Nachsinnen über Schwieriges. Dafür gibt es im November auch den „Buß- und Bettag“. Unscheinbar versteckt er sich in der Mitte der Woche, aber er hat doch einiges zu sagen. Was ist das für ein Fest?

Im Altgriechischen heißt der Begriff für „Buße“ so etwas wie „Umdenken“ – eine „Umkehr des Denkens“. Spannender finde ich aber den hebräischen Buße-Begriff aus dem Alten Testament: Er lässt sich auch mit „Gottvertrauen“ übersetzen und das gefällt mir. Vertrauen in den Bund zu haben, den Gott mit den Menschen geschlossen hat. Vertrauen in einen Gott, dass er uns annimmt mit all unseren Schwächen und Fehlern, wie wir eben sind. Dass er uns nicht fallen lässt. Da kommt mir auch die Paradiesgeschichte in den Sinn. Adam und Eva haben von der verbotenen Frucht des Baumes gekostet und verstecken sich nackt und schambesetzt vor Gott. Zwar müssen sie als Konsequenz ihres Handelns das Paradies verlassen. Aber Gott macht ihnen „Röcke von Fellen und zog sie ihnen an“ (Gen 3,21). Sich Gott anzuvertrauen mit Schwächen und Fehlern. Gott liebt uns trotzdem und zieht uns Kleidung an – darum geht es für mich am Buß- und Bettag.

Die Frage ist: Warum liegt er am dunklen Ende des Kirchenjahres?

Das Fest weist Ähnlichkeiten zum Jom Kippur-Fest auf, dem höchsten jüdischen Feiertag. Nach dem jüdischen Neujahrsfest Rosch HaSchanah gibt es zehn Bußtage. Danach folgt Jom Kippur. In diesen Bußtagen soll man jeden Streit mit anderen beigelegt haben, um sich dann an Jom Kippur, dem „Tag der Versöhnung“ mit Gott für das neue Jahr versöhnen zu können.

Die zehn Bußtage gehen im Jüdischen also der Versöhnung mit Gott voraus.

Was kommt bei uns Christinnen und Christen nach dem Buß- und Bettag?

Das neue Kirchenjahr, beginnend mit der Adventszeit – eine Fastenzeit, die auf das Wichtige vorauszeigt: auf die Versöhnung Gottes mit den Menschen, auf die Menschwerdung Gottes!

Die dunkle Jahreszeit, dieser nasse und ungemütliche Monat mit seiner eigenen Schwere und Melancholie – kaum jemand mag den November. Für mich bleibt er aber auch ein schöner Kontrast zu dem, was kommt. Ein Kontrast zum leuchtenden Neubeginn, zum neuen Kirchenjahr, das mit einer Versöhnung startet. Ein Kontrast zum neuen Leben, zum kleinen Kind in der Krippe, das dem Tod und der Trauer etwas entgegenzusetzen weiß – eine versöhnende Hoffnung, die den Menschen entgegenstrahlt und durch die Finsternis immer durscheinen will. „Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen (1. Joh 4,9).

Ich wünsche Ihnen einen guten November, mit ein bisschen Blues, aber auch mit leiser, durchscheinender, fröhlich klingender Musik in Dur! Gott sei mit Ihnen!

Ihre Pfarrerin
Janne Holzmann

1. Oktober 2022

Monatsandacht Oktober 2022

Hier können Sie die Andacht von Gemeindepädagogin Dagmar Grolman auch als PDF herunterladen.

Groß und wunderbar sind deine Taten, Herr und Gott, du Herrscher über die ganze Schöpfung. Gerecht und zuverlässig sind deine Wege, du König der Völker.
Offb 15,3

Was für ein Text als Überschrift über unseren Herbst! Wo wir ständig umgeben sind von diesen Sorgen: Wird das Geld reichen? Werden wir heizen können? Wie wird sich der Winter auf die Corona-Infektionen auswirken? Wie entwickelt sich der Krieg in der Ukraine? Und: Wieviel von dieser Welt werden wir Menschen für unsere Kinder übriglassen?

Gerade letztere Frage kommt uns ganz nahe, wenn wir uns darauf besinnen, wie paradiesisch dieser Planet ist, wie komplex Leben funktioniert und wieviel Schönheit uns umgibt. Es ist frustrierend festzustellen, wie groß und wunderbar Gott seine Schöpfung und das Zusammenleben der Menschen ausgedacht hat, und wie wir unsere Erde systematisch „vor die Wand fahren“ und manches können, aber ein friedliches Miteinander eher nicht dazu gehört.

Martin Luther hat für seine Zeitgenossen folgendes formuliert: „Wir sind allzu lang genug deutsche Bestien gewesen, die nicht mehr können, denn kriegen und fressen und saufen. Lasst uns aber einmal die Vernunft gebrauchen, dass Gott merke die Dankbarkeit seiner Güter.“

Auf das Staunen über Gott und die Dankbarkeit ihm gegenüber lenkt der Monatsspruch für Oktober unseren Blick: Zu staunen darüber, dass es einen gibt, der von Anbeginn der Zeit an da war, bis heute da ist und diese Welt in seiner Hand hält. Und dankbar zu sein für das, was uns von Gott gegeben worden ist, für diese Welt und für das Leben.

Die Bibelverse aus der Offenbarung stehen im Zusammenhang eines Siegerliedes. Johannes erinnert an das Jubellied von Mose und Mirjam nach der Rettung vor ihren Verfolgern. Nachdem das Volk Israel das Ufer erreichte, befreit vom Zugriff derer, die sie versklavten und erschöpft von der Flucht, stimmten sie ihr Loblied an, um den zu ehren, dem sie Rettung und Sieg verdanken.

Und so erscheint mir der Monatsspruch zusätzlich wie eine Einladung, Gott zu vertrauen. Er ist der König der Völker. Er hat diese Welt nicht verwaist zurückgelassen. Er ist bei uns, wenn unsere Sorgen und Ängste uns fest im Griff haben und Hoffnungslosigkeit um sich greift. Er ist mit uns in unserer Erschöpfung. Gott trägt durch und ermutigt uns, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern Phantasie, Herz, Verstand und Hände zu nutzen, um in dieser verwundeten Welt Gutes zu tun und uns sinnvoll zu „verbrauchen“.

Am Ende bleibt dieses unsere Hoffnung, dass Gott uns mitnimmt, hin zu dem, was wir ersehnen, hin zu dem, was wir noch wollen und werden müssen und uns zum Ziel bringt und wir ihm für Rettung und Sieg danken können. Amen.

Dagmar Grolman

1. September 2022

Monatsandacht September 2022

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Dr. Weyen auch als PDF herunterladen.

Wanne-Eickel liegt in Italien

Auf einer Wanderung in den Bergen kamen meine Begleiter und ich irgendwann auf dem Wege an einer Wallfahrtsstätte vorbei. Das war nichts Spektakuläres. Aber am Orte der Wallfahrtsstätte wuchsen viele Feigenbäume. Jetzt am Ende des Sommers waren die Früchte der Bäume erntereif. Die dunkelroten Früchte glänzten in der heißen Sonne und wuchsen uns förmlich wie im Schlaraffenland in den Mund. Wir aßen davon und schmeckten die sonnige Süße der reifen Feigenfrüchte des Südens.

Feigenarten gibt es viele: 700 bis 1.000 Varianten. Eine der bekanntesten dürfte der in vielen Wohnzimmern noch stehende Gummibaum sein. Er gehört, ob mit den großen Blättern meiner Kindheit, die mehr Staubfänger waren, bis hin zum kleinblättrigen Ficus benjaminii oder dem Feigenkaktus zu einer großen Familie. Alle gehören zur Familie der Feigenbäume. Und allen ist eigen, dass sie einen milchigen und klebrigen Saft in ihren Ästen, Blättern und Früchten führen. Die Feige ist ein Baum, der in der Bibel eine große Rolle spielt. Eben wegen seiner süßen Früchte. Ja, Jesus geht sogar so weit einen Feigenbaum zu verfluchen, weil er keine Früchte trägt. Und auch Adam und Eva haben sich, nachdem sie vom verbotenen paradiesischen Baum der Erkenntnis gegessen hatten, des Feigenblattes bedient, um ihre Nacktheit zu bedecken.

Aber, nicht jeder Feigenbaum trägt auch Früchte. Insbesondere die männlichen Exemplare bleiben zuweilen fruchtlos, aber sie sind für die Fruchtfolge der weiblichen Gehölze unverzichtbar. Nicht weil diese von Bestäubern befruchtet würden. Der Feigenbau hat niemals Blüten wie unsere heimischen Obstbäume. Seine Früchte wachsen quasi aus den frischen Ästen von innen nach außen und reifen dort zu ihrer besonderen Süße heran. Aber auch die männlichen können zuweilen Fruchtstände entwickeln, je nachdem, ob sie auch weibliche Anteile in sich tragen. Im Pfarrgarten meines Pfarrhauses in Eickel hat mein Vorgänger eine gelbe Feige gepflanzt. Diese trägt Jahr um Jahr wunderbar süße Früchte. Gerade jetzt im heißen Sommer unserer Tage reifen diese wunderbar heran, so als läge Wanne-Eickel in Italien.

Der Feigenbaum steht in der Bibel als Symbol für die seltenen süßen Seiten des Lebens. Zucker war zurzeit Jesu und des Alten Testamentes ein in der breiten Masse der Menschen unbekanntes Süßungsmittel. Wenn kein Honig zur Hand war, mussten es Früchte im Sommer tun. Und die Feigen sind eben nicht alle auf einmal reif, sondern immer einige gleichzeitig und meist nacheinander. So kann man bis in den November hinein ernten und sich mit Zucker, Ballaststoffen und vor allem mit Vitaminen versorgen.

In diesen Tagen des endenden Sommers und beginnenden Herbstes ist die Zeit der Ernte angebrochen. Oftmals ist die Erntezeit aufgrund ihrer Fülle an Nahrungsmitteln in vergangenen Jahrhunderten eine Freudenzeit gewesen. Wir als Kirche versuchen dies durch den Erntedanktag jährlich am ersten Sonntag im Oktober zu feiern, also dann, wenn die Ernte abgeschlossen ist. Fröhlich soll es sein. Doch vielen von uns ist durch das ständige Supermarktangebot an Obst und Gemüse aus aller Herren Länder der direkte Zusammenhang zwischen Nahrungsmittel, Jahreszeit und Ernte im letzten Jahrhundert verloren gegangen. Vielleicht können wir uns durch die süße Frucht des Feigenbaumes daran erinnern lassen, wie es das Kirchenlied sagt: „Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn. Drum dankt ihm Dank, drum dankt ihm Dank und hofft auf ihn.“

Zeiten der Knappheit sind Zeiten, in denen wir uns darauf besinnen können, dass alle gute Gabe unseres Lebens wir aus der einzigen Hand empfangen, die uns ins Leben rief und uns irgendwann wieder abberufen wird. Bis dahin aber können wir Gott dafür danken, dass er uns mit allem versorgt, was wir zum Leben brauchen… und darüber hinaus mit noch viel mehr.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen fruchtbaren und versüßten Erntemonat September.

Dr. Frank Weyen, Pfr.

1. August 2022

Monatsandacht August 2022

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Mattner auch als PDF herunterladen.

„Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem Herrn, denn er kommt, um die Erde zu richten.“
(1. Chronik 16,33)

Die Bücher der Chronik im Alten Testament beschreiben die Geschichte des Volkes Juda nach seiner Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft (etwa 539 v. Chr.). In ihrer alten Heimat Juda mit der Hauptstadt Jerusalem musste das Leben und auch der Glaube an den einen Gott wiederentdeckt werden. Die Einflüsse aus der langen Gefangenschaft waren groß, doch der Wunsch dem Gott der Väter nahe zu sein, verhalf zu neuen Taten. So wurde der Tempel neu aufgebaut und der Gottesdienst als wichtiger Ort der Begegnung gefeiert.

An dieser Stelle wird unser Bibelvers lebendig und erinnert bis heute an die Größe und Bedeutung Gottes: Alles untersteht ihm, alles lebt, um ihm zu dienen, alles ist auf seine Liebe und Treue angewiesen. Doch denken die Menschen heute noch so?

Wir erleben vielmehr das Ausnutzen und die Ausbeutung von Mensch und Natur, vergessen die eigentlichen Aufgaben: bebauen und bewahren der ganzen Schöpfung – also von Mensch und Natur. Die Klimathematik kommt viel zu spät, Menschenrechte werden mit Füßen getreten.

Der Vers macht uns auf die Verantwortung aufmerksam, die uns Gott gegeben hat – jedem und jeder. Verantwortung, die sich in unseren Familien- und Lebensverhältnissen ebenso wie in den großen politischen Aufgaben zeigen soll. Verantwortung für die Rechte von Natur und Mensch, nicht wegschauen, wenn es uns nicht betrifft oder weit weg scheint oder sich geringfügig anhört. Einmischen und anders denken und handeln ist der Auftrag Gottes besonders in dieser Zeit. Sich den Herausforderungen stellen, um die Welt lebenswert zu erhalten. Es beginnt bei jedem einzelnen und im Kleinen: beim Müll, beim Einkauf, bei der Ernährung… Warum? Weil es sich lohnt, weil Jubeln schöner ist als Zerstörung, weil wir uns – so unser Vers – vor Gott verantworten müssen. Und auch die Menschen, die Gott für sich nicht entdeckt haben, können mit in diesen Jubel einstimmen, weil sie sich für den Erhalt von Mensch und Natur eingesetzt haben. Gott sei Dank!

Ich wünsche allen einen wachen Blick und mutiges begeistertes Handeln!

Pfarrer Günter Mattner

1. Juli 2022

Monatsandacht Juli 2022

Hier können Sie die Andacht von Timo Henkel auch als PDF herunterladen.

Ich sitze auf meiner Terrasse im Garten und denke daran, wie dieses Haus noch vor knapp zwei Jahren ausgesehen hat. Ganz anders, irgendwie. Der Vorbesitzer war alleinstehend und hatte eine ganz andere Raumeinteilung. Wir haben alles natürlich an die Bedürfnisse einer Familie angepasst. Wie schön, dass wir alles individuell so machen konnten, wie wir wollten. So war sogar ein kleiner Pool für die Kinder und ein Nähzimmer für meine Frau möglich. Wäre ja auch schrecklich, wenn alle das gleiche Haus oder die gleiche Wohnung hätten. Man kann seine Räume halt gestalten, wie man möchte.

Das Verrückteste in Sachen Raumgestaltung erzählte mir mal ein Handwerker. Er verlegte in unserem Flur einen Steinteppich und erzählte dabei von einem Paar, das die komplette Wohnung in tiefem Schwarz gestalten ließ. Und das gilt nicht nur für den Teppich, sondern auch für die Tapeten, Wände und Decken. Ich würde es wohl keine Nacht in der Wohnung aushalten und darin wohnen.

Aber so unterschiedlich sind wir Menschen nun mal. Wir leben im Zeitalter der Individualität und es ist gut, dass jeder so leben kann und sein Wohnzimmer so gestalten kann, wie er möchte. Das gilt auch für‘s Leben; die Menschen gestalten ihr Leben gefühlt viel individueller als noch vor 20-30 Jahren.

Gleichzeitig habe ich es aber auch immer erlebt, dass Menschen sagen, dass ihr individueller Lebensstil nicht zum Glauben passt, oder zu Gott passt und sie deswegen nicht glauben. Jemand, der Metal hört, als tiefgläubiger Christ? Ein Rocker, der an Jesus glaubt? Ein gläubiger Fußballstar? Diese Vorstellungen passen nicht in jeden Kopf. Viele haben ein ganz bestimmtes Bild vor Augen, wenn sie an einen Christen denken. Vermutlich ein älterer Herr mit Fliege.

Interessanterweise sind Jesus die unterschiedlichsten Menschen nachgefolgt. Klar, wir wissen, dass sich besonders arme Menschen und sozial Benachteiligte von Jesus angesprochen gefühlt haben. Aber schnell übersieht man dabei, dass Jesus mit jedem Menschen, egal aus welchem Umfeld er auch kam, gleich fair umgegangen ist. Dabei waren es ganz unterschiedliche Menschen, egal ob einfacher Tagelöhner, oder römischer Soldat oder Schriftgelehrter. Das waren damals die religiösen Führer, von denen viele Jesus verachteten. Andere aber waren auf Jesus neugierig. Für diese Pharisäer hatte Jesus ebenfalls ein offenes Ohr übrig, genau wie für die anderen Menschen, die ihm nachfolgten.

Wir sehen also, egal welchem Typ Mensch Jesus begegnet ist, egal wie individuell die Menschen waren, alle konnten zu ihm kommen und alle waren bei ihm willkommen. Das galt damals für die vielen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen und das gilt auch heute noch bei all unserer Individualität.

Wie hat Jesus das gemacht? Wie genau können wir uns das vorstellen? Nun ja, das erkennen wir zum Beispiel in der Geschichte um Zachäus.

Sie steht in Lukas 19, 1-17
1 Jesus zog mit seinen Jüngern durch Jericho.
2 Dort lebte ein sehr reicher Mann namens Zachäus, der oberste Zolleinnehmer.
3 Zachäus wollte Jesus unbedingt sehen; aber er war sehr klein, und die Menschenmenge machte ihm keinen Platz.
4 Da rannte er ein Stück voraus und kletterte auf einen Maulbeerfeigenbaum, der am Weg stand. Von hier aus hoffte er, einen Blick auf Jesus werfen zu können.
5 Als Jesus dort vorbeikam, schaute er hinauf und rief: »Zachäus, komm schnell herunter! Ich soll heute dein Gast sein!«
6 Eilig stieg Zachäus vom Baum herunter und nahm Jesus voller Freude mit in sein Haus.
7 Als die Leute das sahen empörten sie sich über Jesus: „Wie kann er das nur tun? Er lädt sich bei einem Gauner und Betrüger ein“.

Wenn ich mir die Geschichte genauer ansehe, stelle ich fest, dass ich um Jesus kennen zu lernen nicht religiös sein muss. Es genügt etwas gesunde Neugierde und die Bitte, dass Jesus einfach mal vorbeikommt. Das sind alle Voraussetzungen für die Gemeinschaft mit Jesus. Und so ist Jesus. Er zwängt uns nichts auf. Er möchte nicht, dass ich für ihn jemand anderes bin. Sondern, dass ich ihn einfach kennen lerne.

Während ich noch auf der Terrasse sitze, stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn Jesus jetzt hereinkommen würde. Was würde er zu meinem Garten sagen? Das wird sich wohl schwer beantworten lassen. Aber ich kann mir sicher sein, dass Jesus mich annehmen würde wie ich bin, ganz individuell. Darauf können wir uns verlassen.

Timo Henkel, Diakon & Gemeindepädagoge

1. Juni 2022

Monatsandacht Juni 2022

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Kenning auch als PDF herunterladen.

Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm.
Denn Liebe ist stark wie der Tod.
Hoheslied 8, 6 (L)

Dieser schöne Vers der Monatslosung Juni wurde vertont, und zwar mehrfach und das von vielen verschiedenen Komponisten. Ich nenne jetzt nur zwei: Im 17. Jahrhundert hat der Komponist Melchior Franck (1580 - 1639) sich von dem Vers inspirieren lassen, und in unserem Jahrhundert Misty Edwards (*1979) aus den USA “You Won't Relent“ (Du wirst nicht nachlassen).

Worte aus dem Hohelied Salomos zu singen, liegt irgendwie nahe, denn das Hohelied ist ja ein Lied, und Lieder singt man. Aber diese Worte drängen sich nochmals mehr auf gesungen zu werden. Vielleicht, weil man diese Worte nochmal besser versteht, wenn man sie singt, als wenn man sie bloß liest oder gesprochen hört. Und welche Worte versteht man besser gesungen als gesprochen? Die Worte, die besonders das Gefühl ansprechen, denn Musik und Gesang tun genau das: Sie sprechen das Gefühl an.

Ein Liebesfilm ohne Musik, der rührt einen nicht so sehr zu Tränen wie einer mit, und ein Horrorfilm auf stumm, der erschreckt einen nicht mal halb so schlimm wie einer, bei dem der Ton an ist. Wobei ich bei Horrorfilmen kein Experte bin, da ich überhaupt gar keine Horrorfilme schaue, auch nicht auf stumm. Aber so ist das eben mit der Musik, sie kann Gefühle anstoßen und das Herz berühren.

Und welche Worte könnten gefühlsbesetzter sein als das „Herz“, die „Liebe“ und der „Tod“, von denen wir in unserem Vers lesen?

König Salomo hat mit seinem Hohelied von der Liebe zwischen Mann und Frau geschrieben. Das ganze Lied ist ein Gespräch. Rede und Antwort wechseln sich ab. Den Großteil des Liedes sagen ein Mann und eine Frau in wunderschönen und bildreichen Worten, wie sehr sie einander lieben. Im achten und letzten Kapitel sagt die Frau die schönen Worte aus dem Monatsspruch, und damit drückt sie eine Wahrheit aus, die ein Leben lang trägt. Zwar spricht sie auf den ersten Blick gesehen über die Liebe, die sie für ihren Mann hat, aber wenn man sich die Worte nochmal anschaut, dann verkündigen sie die Liebe Gottes, die sich in Jesus offenbart hat. Das geschieht öfters in der Bibel, dass die Menschen gar nicht voll begreifen, welche Wahrheit sie da aussprechen. Hier an dieser Stelle ist es eine Wahrheit über die Liebe Gottes und den Tod: Nur die Liebe Gottes ist es, die dem Tod etwas entgegenzusetzen hat, und die aus unserem endlichen Leben ein ewiges machen kann. Gottes Liebe hat Jesus von den Toten wiederauferstehen lassen. Und das soll der Grund sein, der uns ermutigt Gott zu vertrauen, dass er, so wie er Jesus auferweckt hat, auch uns zum ewigen Leben auferwecken wird.

Diese Wahrheit über die Liebe Gottes lässt sich aussprechen und bekennen, man kann von ihr lesen und hören, aber noch mehr als das will sie mit dem Herzen gesungen und gefühlt werden. So wird sie zu einem Siegel, das das Herz beschützt. Aber nicht nur das, denn das Herz ist nach israelitischer Sicht sowohl der Ort des Denkens und Fühlens als auch der Ort des Entscheidens. Darum soll das Siegel, das das Herz behütet, auch ein Siegel sein, das den Arm, der die Handlungen ausführt, anleitet.

Wahrheiten, die man schon lange weiß, können einen manchmal nur noch schwer erreichen, aber Lieder mit denselben Inhalten schaffen das auf eine himmlische und liebevolle Weise immer wieder aufs Neue, indem sie das Herz berühren. Darum tut es erfahrenen wie unerfahrenen Christinnen und Christen gut, Orte aufzusuchen, an denen von der Wahrheit über Gottes Liebe gesungen wird.

Amen.

Pfarrer Ferdinand Kenning

1. Mai 2022

Monatsandacht Mai 2022

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Mattner auch als PDF herunterladen.

„Ich wünsche dir,
dass es dir in allen Dingen gutgehe und du gesund seist,
so wie es deiner Seele gutgeht.“

3. Johannes 1,2

Wie oft haben wir uns in den letzten zwei Jahren den Wunsch zugesprochen: „bleib gesund!“ Das Risiko an Corona zu erkranken war und ist hoch. Kein Mensch ist davor sicher – auch der nicht, der sich mit aller Vorsicht durch die Tage bewegt. „Bleib gesund“ ist darum ein wirklich ernst gemeinter Gruß in Briefen, nach einem Besuch, nach einem Treffen. Denn Krankheit bringt unser Leben durcheinander, irritiert, lähmt, macht uns schlaflos. Da es ist egal, ob es eine schwere Krankheit ist oder eine, deren Ende wir schnell erwarten können. Hauptsache gesund, sagen manche. Ja, das mag sein. Doch, was ist, wenn sich Gesundheit nicht hält, wenn Sorgen das Leben bestimmen, die Dinge des Lebens nicht gutgehen? Hilft da der gutgemeinte Wunsch? Vielleicht ein wenig, weil wir spüren dürfen, wir sind nicht allein. Der Freund, die Freundin, die Familie ist für uns da. Allerdings bleiben immer – auch dann – unsere Fragen, manche Angst vor der Nacht, dem Morgen, dem nächsten Unbekannten.

Der Schreiber des kleinen Johannesbriefs verbindet seine guten Wünsche mit einer Beobachtung an seinen Leser: Deiner Seele geht es gut. In einer anderen Bibelübersetzung heißt es: Ich hoffe, dass es dir gut geht und du an Leib und Seele gesund bist wie in deinem Glauben. Daraus höre ich, dass der Glaube an Jesus, der das Leben ist, durch alle Erfahrungen trägt, d.h. mein Vertrauen in Jesus, der mein Herr ist, mich auch in schweren Zeiten aufrichtet und begleitet. Jeder Wunsch mündet in diesen ein: Gott stärke dein Vertrauen in Jesus, damit – auch wenn das Leben dich über alle Kräfte fordert, dir die Freude nehmen will – du in allen Dingen Frieden hast.

Ein gutes Wort, ein wahrer Spruch drückt dies hilfreich so aus: „Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

Ich würde für mich das Wort „Gelassenheit“ mit dem Wort „Herz“ oder „Vertrauen in Gott“ ersetzen und wünsche darum allen:

Gott schenke dir ein festes Herz – in allen Dingen.

Günter Mattner

1. April 2022

Monatsandacht April 2022

Hier können Sie die Andacht von Pfarrerin Dr. Zuzanna Hanussek auch als PDF herunterladen.

Friede, wo ist deine Heimat?
Was können wir sonst tun?

Weiter-leben. Mit-leiden. Mit-helfen. Mit-trauern. Mit-schreien. Mit-weinen. Hoffnung-geben.
Rose Ausländer, die in Czernowice in der Bukowina 1901 zur Welt kam und die Shoa überlebte, schrieb:
„Wer hofft, ist jung. Wer könnte atmen ohne Hoffnung, dass auch in Zukunft sich Rosen öffnen, ein Liebeswort die Angst überlebt.“
Jesus Christus ist uns Christen das Liebeswort. Seine Liebe ist uns Gegenwart und Zukunft.

Was können wir sonst tun?
„Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen.“ (Joh 20,18)
Der Glaube an den Auferstandenen gibt...?
Der Glaube an den Auferstandenen verhindert...?
Der Glaube an den Auferstandenen schafft...?
Der Glaube an den Auferstandenen eröffnet...?
Der Glaube an den Auferstandenen ist...?

Zwischen Krieg und Auferstehung richten wir uns ein.
Und wir beten: Gott, salbe die Verletzten. Reinige ihre Wunden. Schütze sie vor einem schweren Tod. Begleite die Geflohenen auf ihren Wegen ins Irgendwo.

Dann stehe ich allein vor Dir: Gott, wo ist Dein Friede?
Friede, wo ist deine Heimat?
Demütig stehe ich da, und rufe Dich an: Gott, wo ist Dein Friede? Wo?

„Geh in deinen inneren Grund. Sei Inwendig. Im Innersten der Seele.
Das ist dein Leben, und da allein lebst du.
Lausche auf das Wunder.
Den Frieden Gottes brauchst du weder hier noch da zu suchen.
Er ist nicht weiter als vor der Tür des Herzens.
Dort steht er und harrt und wartet.“ Amen.
(frei nach Meister Eckhard)

Im April 2022,  Zuzanna Hanussek

1. März 2022

Monatsandacht März 2022

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Frank Schröder auch als PDF herunterladen.

Hört nicht auf, zu beten und zu flehen! Betet jederzeit im Geist;
seid wachsam, harrt aus und bittet für alle Heiligen. (Eph 6,18)

Als sich das Christentum im ersten Jahrhundert ausbreitete, kannten die Germanen das Wort "beten" nicht. Es wurde daher durch "bitten" ersetzt. Als in der deutschen Sprache viel später zwischen "beten" und "bitten" unterschieden wurde, hatte es sich so entwickelt, dass beten und bitten fast das Gleiche ist. So kommt es auch heute noch für viele Menschen dann zu einem eigenen Gebet, wenn sie in einer dringenden Sache GOTT um etwas bitten möchte.

Dabei gehen Bedeutung, Sinn und Möglichkeiten des Gebets viel tiefer und weiter. Im Gebet öffnen wir uns Gott. Wir sagen ihm nicht nur etwas, sondern versuchen auch auf ihn zu hören. Also darauf, wie er uns durch seinen Geist antwortet. Wir zeigen ihm unsere Anbetung, sagen ihm unsere Liebe, unsere Fragen. Wir kommen innerlich vor seinen Thron. Und was wir da hinbringen und bekommen, ist sehr vielfältig.

Aber natürlich bleiben die Bitten, hier im Monatsspruch erwähnt, ein wesentlicher Teil des Gebets und gehören zugleich zu den Rätseln unseres Glaubens. Wir vertrauen darauf, dass Gott, weil er Gott ist, Wunder tun kann. Aber wie macht Gott das? Du betest um Gesundheit für einen Kranken. Und, Gott sei wirklich Dank, die Person wird wieder gesund! Greift Gott dabei in den Lauf der Geschichte ein, oder hat modernste Medizin geholfen? Oder hat GOTT durch die Medizin gewirkt? Nach meiner Überzeugung braucht GOTT die Ärzte nicht. Aber es gefällt ihm, dass es in der Welt und in der Geschichte, die er selbst geschaffen, angestoßen und eingerichtet hat, mit den Mitteln dieser Welt zugeht. In dieser Ordnung behält er jederzeit die Souveränität das normale aufzuheben und 'wunderbar' einzugreifen.

Wenn wir Gott um etwas bitten, dann vertrauen wir darauf, dass Gott sich von unseren Anliegen und Bitten bewegen lässt. Dabei machen wir nicht nur gute Erfahrungen mit dem Bittgebet. Das war auch bei Jesus so. Er kam mit einer von Herzen kommenden Bitte um Bewahrung vor dem Kreuzestod zu seinem Vater. Gleichzeitig ordnete er seine Bitte dem Willen Gottes unter, wie wir es auch im Vater Unser beten: Dein Wille geschehe! Dass Gebete unerhört bleiben, ist also etwas völlig Normales, denn dieser Wille Gottes ist für uns nicht in allen Dingen klar. Ja ehrlich gesagt, manchmal ist er uns so fremd und fern, dass wir darüber in erhebliche Glaubenszweifel kommen.

Aber gerade deshalb sollen wir am Gebet dranbleiben. Das ist keine Disziplinfrage, geht nicht durch Selbstapelle, sondern durch den Heiligen Geist. Durch ihn ist Gott in uns gegenwärtig. Er befähigt uns zum tieferen Verständnis von sich selbst und seinem heiligen Willen. Er öffnet auch unseren Blick von uns weg zum Gebet für unsere Mitmenschen. Wenn wir für Andere beten, geht automatisch unser Blick von der uns eigenen Selbstbezogenheit weg zu unserem Nächsten.

Dabei sollen wir besonders die 'Heiligen', im Blick behalten. Das sind im Sprachgebrauch des Neuen Testaments die Mitchristen, also Schwestern und Brüder im Glauben. Weltweit werden viele Christen verfolgt (www.opendoors.de), die unser Gebet dringend brauchen. Vielleicht möchten Sie ja im Monat März das Thema Gebet für sich selbst ganz neu entdecken.

GOTT segne Sie dazu,

Ihr Pfarrer Frank Schröder

1. Februar 2022

Monatsandacht Februar 2022

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Hans-Paul Ullrich auch als PDF herunterladen.

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Gemeinde,

Die meisten von Ihnen werden sie kennen, die Abenteuer des Baron von Münchhausen, dieser überaus schillernden Gestalt des Schriftstellers und Dichters Gottfried August Bürger.

Eines seiner Abenteuer möchte ich an den Anfang dieser Andacht stellen.

So erzählt Baron von Münchhausen:
»Ein andres Mal wollte ich über einen Morast setzen, der mir anfänglich nicht so breit vorkam, als ich ihn fand, da ich mitten im Sprunge war. Schwebend in der Luft wendete ich daher wieder um, wo ich hergekommen war, um einen größern Anlauf zu nehmen. Gleichwohl sprang ich auch zum zweytenmale noch zu kurz, und fiel nicht weit vom andern Ufer bis an den Hals in den Morast. Hier hätte ich ohnfehlbar umkommen müssen, wenn nicht die Stärke meines eigenen Armes mich an meinem eigenen Haarzopfe, samt dem Pferde, welches ich fest zwischen meine Kniee schloß, wieder herausgezogen hätte.« (Quelle:https://de.wikisource.org/wiki/Des_Freyherrn_von_M%C3%BCnchhausen_Wunderbare_Reisen, abgerufen am 28.01.2022 ¯ 18.00 Uhr)

Als meine Kinder noch klein waren, hörten sie diese Geschichten gern, waren die Schwindeleien doch leicht zu durchschauen.

Diese Geschichte habe ich ausgewählt, weil ich denke, dass fast alle Menschen in ihrem Leben das erfahren, was dem Baron von Münchhausen zustieß.

Ich meine, man versucht ein Hindernis zu überspringen, eine Aufgabe zu meistern und merkt schnell, dass man sich damit übernommen hat. Sicher, wir wissen, im Sprung kann man ein Pferd nicht herumreißen – wie es Münchhausen tat. Aber, wenn wir es übertragen, heißt es doch nichts anderes, als dass wir es nur noch einmal mit etwas mehr Energie versuchen. Und dagegen gibt es ja auch wirklich nichts einzuwenden.

Und so vertrauen mittlerweile immer mehr Menschen darauf, ihr Leben aus eigener Kraft meistern zu können. Sätze wie »Wenn du es nur wirklich willst, dann kannst du es schaffen« werden geradezu zu Leitsätzen. Ganze Bücherregale mit Ratgebern, wie ich aus eigener Kraft mein Leben meistere, gibt es mittlerweile im Buchhandel.

Aber was dann geschieht – auch das kennen sicher viele von uns. Dass man dennoch scheitert, abstürzt, den Boden unter den Füßen weggezogen bekommt und droht, unterzugehen – so wie Münchhausen im Sumpf unterzugehen droht.

Mal sind es Situationen, durch die wir dann doch irgendwie hindurch kommen, mal ist es wirklich so, dass wir den Halt verlieren und denken, dass wir wirklich untergehen…

Ich denke da an ein Ereignis aus meiner Zeit am Berufskolleg. Bei einem tragischen Autounfall ist einer meiner Schüler ums Leben gekommen. Ich denke an das, was sein Vater und sein Bruder, die wenige Jahre zuvor schon die Ehefrau und Mutter verloren, durchmachten.

In solchen Situationen, in denen man wirklich unterzugehen droht, bleibt einem das Lachen über die gerade gehörte Münchhausengeschichte im Halse stecken. Denn wir wissen, aus solchen Situationen können wir uns nicht am eigenen Haarschopf herausziehen, und mit uns vielleicht sogar noch andere. Da versagt unsere eigene Kraft ganz kläglich.

Und die Erfahrung machen Sie, liebe Leserinnen und Leser, liebe Gemeinde, doch vielleicht auch von Zeit zu Zeit. Ob daheim im Privaten, wenn wir als Folge der Pandemie, wenn wir aus Angst, Krankheit, Isolation und Einsamkeit den festen Boden unter den Füßen verlieren, oder bei der Arbeit, wenn diese uns über den Kopf zu wachsen scheint, wenn man unterzugehen glaubt.

In diesen Situationen bin ich froh, dass ich sie nicht allein durchstehen muss, dass ich mich nicht aus eigener Kraft aus dem Sumpf ziehen muss, dass ich nicht allein schwere und dunkle Wege gehen muss.

Ich wünsche uns für unser Leben – gerade für die dunklen Wege und Täler, die wir vielleicht durchschreiten müssen - die Erfahrung, die der Psalmbeter David machte.

Und ich lade Sie ein, diese Worte mitzusprechen und darauf zu vertrauen, dass wir uns nicht am eigenen Schopf und aus eigener Kraft retten müssen, sondern auf DEN vertrauen können, der stärker ist als wir.

Psalm 23
1Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. 2Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. 3Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. 4Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. 5Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. 6Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. (Luther 2017)

AMEN

Ihr Pfarrer Hans-Paul Ullrich

1. Januar 2022

Monatsandacht Januar 2022

Hier können Sie die Andacht von Pfarrerin Janne Holzmann auch als PDF herunterladen.

Die Tür von Gott und Schrödinger.

Es ist noch gar nicht so lange her, da stand ich vor einer großen Tür und klopfte an. Ungewiss, was mich dahinter erwartet. Wird jemand an der Tür stehen und mich willkommen heißen? Werde ich mit offenen Armen empfangen? Oder wird mir die Tür eher zögerlich geöffnet, vielleicht erst nach einem argwöhnischen und abschätzenden Blick durch den Türspion?

Als ich vor drei Monaten meine Pfarrstelle hier in der Kirchengemeinde antrat, da stellte ich mir solch ähnliche Fragen. Vieles war für mich noch im Dunklen verborgen. Vieles noch unklar. Ist dies eine offene Gemeinde: offen für Neues, für neue Menschen, fürs Kennenlernen?

Vor solchen Türen stehen wir immer wieder im Leben. Ob es nun besondere Türen sind, wie der Umzug in eine neue Stadt, das Klopfen an einer neuen Schul- oder Arbeitstür. Oder alltägliche Türen, wie der Besuch einer mir bekannten Person oder der einer Arztpraxis. Ob wir nun vor oder hinter der Tür stehen: Dieser „Tür-Moment“ bleibt stets spannend. Er erinnert mich an das Gedankenexperiment „Schrödingers Katze“:

Bei diesem Experiment (1953) befindet sich eine Katze zusammen mit einem instabilen Atomkern in einer geschlossenen Kiste. Der Atomkern wird innerhalb einer bestimmten Zeit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zerfallen. Dieser Zerfall führt mittels eines Geigerzählers zur Freisetzung von Giftgas, welches die Katze tötet. Ein gemeines Gedankenexperiment. Worum es aber geht, ist folgendes: Bis man die Kiste öffnet und den Zustand der Katze überprüft, bleibt unklar, ob die Katze lebendig oder tot ist. Bis zur Öffnung wäre die Katze somit gleichzeitig lebendig und tot.

Im Leben gibt es für uns im übertragenen Sinn also oft „Schrödingers Türen“: Was dahinter ist, was uns erwartet, wissen wir oft erst, wenn wir anklopfen oder die Türen öffnen. Jetzt stehen wir vor der Tür des Jahres 2022.  Was wird uns erwarten? Manches lässt uns die Tür zaghaft öffnen, wissen wir doch von manchen Dingen, die dahinter zu finden sind und uns nicht freudig die Tür aufreißen lassen. Vieles aber ist auch noch unbekannt. Was uns an überraschenden, bewegenden und schönen „Tür-Momenten“ widerfahren wird, wissen wir erst, wenn wir uns an die schrödingsche Tür wagen, und sei es, von außen oder innen.

Eines ist aber sicher: Gott hat für dich und mich immer eine offene Tür. In der Jahreslosung für 2022 kommt Christus zu Wort: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ (Joh 6,37). Eine schöne Losung, finde ich! Gottes Tür ist für mich zum Glück nicht die von Schrödinger: Ich kann mir sicher sein, dass mich Schönes und Lebendiges erwartet. Ich muss keine Angst haben, wie vor einem unangenehmen Arztbesuch. Ich muss nicht fürchten, abgelehnt zu werden oder erst argwöhnisch von Gott durch den Türspion beobachtet zu werden. Gott öffnet sofort, reißt die Tür weit auf und lädt mich ein, in seinem Haus zu bleiben und das für ewig.

Nach dem Öffnen der Gemeindetür von Wanne-Eickel kann ich sagen: wie schön, dass ich an die Tür geklopft habe! Die Tür stand für mich offen, ich wurde freundlich und offen empfangen und in das Haus der Gemeinde eingeladen. Viele schöne und interessante Begegnungen hatte ich bis jetzt, die mich bewegt und zum Nachdenken angeregt haben. Ich wünsche euch und Ihnen eben solche „Tür-Momente“ und ein immer wieder neues und hoffnungsvolles Anklopfen an Gottes Tür, sollte es einen doch wieder nach draußen verschlagen haben. Gottes Tür steht immer offen! „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan“ (Mt 7,7).

Ein frohes neues Jahr!

Pfarrerin Janne Holzmann

1. Dezember 2021

Monatsandacht Dezember 2021

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Dr. Weyen auch als PDF herunterladen.

Geschenke im Leben aus Gottes Hand.

Letztens am Frischemarkt in Eickel stand ein Mann, der neben einer Obdachlosenzeitung auch einen Trinkbecher aus Papier in seinen Händen hielt, um die Passanten um eine Spende aus Kleingeld zu bitten. Er war fröhlich am Singen und unterbrach seinen Gesang nur, wenn er einen vorbeigehenden Passanten um eine Spende bitten wollte oder das Obdachlosenmagazin feilbot. Wenn er dann etwas Kleingeld erhielt, war er dankbar und trällerte sein Liedchen fröhlich weiter, wenn er nichts bekam, trällerte er trotzdem fröhlich. Trällern bedeutet, gutgelaunt und ohne den genauen Text wiederzugeben, singen. Der Mann, er mag aus Osteuropa stammen, sang sein Lied gut gelaunt weiter egal, ob seine mühsame Bettelarbeit von Erfolg gekrönt war oder nicht. Was mich an seinem Verhalten beeindruckte war seine Gelassenheit im Blick auf das, was kommt, oder nicht kommt.

Ich kenne das auch. Die Dinge, von denen ich meine, dass sie unbedingt ganz wichtig und unverzichtbar sind, und daher so auch eintreffen müssen, strapazieren meine Geduldsfäden meist sehr. Umso überraschter bin ich, wenn Dinge eintreffen, mit denen ich eigentlich gar nicht gerechnet habe.

In unserer an Initiativen und Engagement reichen Zeit, ist es für viele Menschen schwierig, gelassen an die Dinge heranzugehen. Sei es das Gemeindeleben ein Stück weit in Gottes Hand zu belassen und sich an dem, was er zuteilt, genügen zu lassen. Sei es darauf zu schauen, was schon sichtbar ist, von dem, was Gott meint, dass jetzt dran sei. Auch entdecke ich immer wieder eine Unruhe in unserer Kirchengemeinde, die entsteht, wenn Gemeindegruppen in der Corona-Zeit nicht mehr so stattfinden können, wie es früher einmal gewesen ist. Mühsam versuchen viele Hände in unserer Gemeinde alles zusammenzuhalten und sind dabei sehr engagiert. Der Bettler vom Frischemarkt Eickel jedoch ist mir dabei eine Hilfe zu verstehen, dass ein wenig mehr Gelassenheit in meinem Leben und in unserer Kirchengemeinde möglicherweise gar nicht so falsch sein könnten.

Gerade in dieser Adventszeit bekommen wir wieder die Chance von Gott geschenkt zu verstehen, dass es oftmals nicht an unserem Tun liegt, wenn Dinge schneller oder langsamer voranschreiten. Denn alles hat ja seine Zeit, wie es beim Prediger Kohelet heißt. Das heißt ja nicht, dass ich meine Hände in den Schoß lege und das Apfelbäumchen nicht pflanze, das ich pflanzen kann. Sondern das heißt für mich, dass die Glücksmomente des Lebens nicht das Ergebnis meiner Hände Werk sind, sondern als Geschenk mein Leben erfreuen sollen. Ein Geschenk aus Gottes Hand.

Und gerade das bevorstehende Weihnachtsfest lebt von der Überraschung. Seien es die Geschenke, die wir einander in materieller Hinsicht machen, seien es die Momente der Gemeinschaft mit Familie und Freunde, die ein noch größerer Schatz sein können, wenn wir gelassen draufzugehen und nicht versuchen alles ungeduldig übers Knie zu brechen oder gar enttäuscht zu sein, von all den gut gemeinten Geschenken. Vielleicht begegnet uns Gott ja in dieser Advents- und der folgenden Weihnachtszeit ganz unvermutet. Komme, was da wolle. Denn die Geburt Jesu kam auch plötzlich und unvermutet. 700 Jahre war die Weissagung des Jesaja schon her. Damit konnte doch keiner mehr rechnen, dass Gott Mensch wird, nach so langer Zeit. Mit Gott kann doch keiner rechnen. Das stimmt. Er lässt sich nicht ausrechnen, er geht es gelassen an und ist einfach da. Komme, was da wolle.
„Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion! Denn siehe, ich komme und will bei dir wohnen, spricht der HERR.“ (Sacharja 2,14)

Dr. Frank Weyen, Pfr.

1. November 2021

Monatsandacht November 2021

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Kenning auch als PDF herunterladen.

Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf das Warten auf Christus.
2. Thess 3,5 (L)

Liebe Gemeinde,

ein wunderschöner Vers aus dem zweiten Brief an die Thessalonicher ist der Monatsspruch für den November. Der Vers soll uns am Ende des Kirchenjahres begleiten und in Herzensangelegenheiten den Weg weisen.

Und so spricht Paulus in diesem Vers an, wonach sich die Gemeindeglieder in Thessaloniki besonders gesehnt haben, nämlich endlich ein Herz zu haben, das vollkommen auf die Liebe Gottes ausgerichtet ist. Das ist ein ganz anderer Wunsch als die meisten Wünsche oder Sehnsüchte, die man so haben kann. Man kann sich etwa danach sehnen Wohlstand, Glück und Frieden zu haben oder danach Liebe und Wertschätzung zu erfahren, oder nach Gesundheit für sich und seine Lieben. Das können ja alles schöne und gute Wünsche sein, aber Paulus meint etwas anderes und wesentlich mehr, wenn er von der Ausrichtung des Herzens spricht. Es geht ihm nicht um den Wunsch etwas zu bekommen oder zu haben. Mehr noch als den noch so liebevollsten Wunsch, etwa den nach der Genesung der Menschen, die man liebt. Ein Herz, das auf Gottes Liebe ausgerichtet ist, das meint mehr als ab und zu etwas Gutes tun. Ein so ausgerichtetes Herz zu haben, heißt nicht bloß hier und da mal ein Gebet zu sprechen und auch nicht einigermaßen regelmäßig die christliche Gemeinschaft aufzusuchen.

Auch wenn Gutes tun, beten und in die christliche Gemeinschaft gehen gut ist: Paulus meint einen wirklich großen Wunsch - nämlich den, dass sich all dein Wünschen an Gottes Liebe ausrichten möge, so dass jeder Wunsch deines Herzens ein Wunsch ist, der von der Liebe Gottes erfüllt ist.

Den Wunsch aller Wünsche hat Paulus angesprochen, aber weil dieser Wunsch einfach zu groß ist, als dass ihn jemand anderes als unser Herr Jesus Christus erfüllen könnte, darum schreibt Paulus den Thessalonichern, dass das der Herr tun solle.

Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf das Warten auf Christus.

Christus kann das tun, denn sein Herz war, als er auf Erden wandelte und ist jetzt, da er zur Rechten Gottes thront, voll auf die Liebe Gottes ausgerichtet. Darum soll Jesus dein Herz mit all deinem Wünschen und Wollen auf die Liebe Gottes ausrichten. Anscheinend brauchst du dafür Geduld, denn noch mit demselben Satz bittet Paulus auch darum, dass Er dein Herz auf das Warten auf Christus einstellt. Geduld passt ja auch irgendwie gut zur Demut. Und die brauchst du ja um anzuerkennen, dass dein Herz nicht voll auf die Liebe Gottes ausgerichtet ist. Du brauchst Demut um anzuerkennen, dass du Jesus brauchst.
Amen.

Pfarrer Kenning

1. Oktober 2021

Monatsandacht Oktober 2021

Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Mattner auch als PDF herunterladen.

„Lasst uns aufeinander achthaben und einander anspornen zur Liebe und zu guten Werken.“
(Hebräer 10,24)

aufeinander achthaben – einander anspornen

Wir haben es sicher alle noch im Ohr „Yes, we can“ oder auch „Wir schaffen das“, zwei überzeugte Bekenntnisse und zugleich Motivationen von führenden Politikern. Sie zeigten eine starke Haltung in schwierigen Situationen und wollten aufrütteln, sich gemeinsam auf den Weg zu machen und Lösungen zu schaffen.

Mit dem Bibelwort begegnet uns Ähnliches. Allerdings wird dem eigentlichen Aufruf zum Tun die Aufmerksamkeit auf den anderen vorangestellt: aufeinander achthaben. Viel zu oft geht das im Alltag unter. Viel zu oft ist der andere eben nicht im Blick. Leider. Man muss also die Frage stellen: wie geht das eigentlich, den anderen wahrnehmen? Dazu gibt es eine einfache, ja, schlichte Antwort: Mit Herz und allen Sinnen dem anderen begegnen. Es reicht nicht aus, nach dem Befinden des anderen zu fragen und sich sogleich von ihm abzuwenden; der und die andere wird nicht wirklich wertgeschätzt, wenn beim Hinhören die Ohren auf Durchzug stehen. Und - es fehlt an wahrer Überzeugung, Reden zu schwingen, sich aber abzuwenden, wenn es ums Anfassen und Tun für die anderen geht.
Der Bibelvers will uns sensibel machen für die Belange, Sorgen, Fragen und Ängste des und der anderen. Wer sich im guten Sinne dabei erwischt, berührt zu sein, von dem, was sein Gegenüber beschäftigt, der wird sich auf den Weg machen, sich für ihn stark machen. Und dann – das scheint wichtig – andere auf dem Weg zur Hilfe mitnehmen, aufrufen, ermutigen, einladen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass es Menschen in unserem Umfeld gibt, die auf unsere Hilfe warten.
Ich kann mir gut vorstellen, dass es Menschen in unserem Umfeld gibt, die sich gerne mitnehmen lassen, dem anderen liebevoll und mit Rat und Tat beizustehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir selbst auf die Aufforderung „Komm, wir packen an!“ eine positive Motivation erfahren. 

Sind Sie vielleicht auch gespannt, wer und was Ihnen in den nächsten Tagen begegnet?

Herzliche Grüße

Pfarrer Günter Mattner

1. September 2021

Monatsandacht September 2021

Hier können Sie die Andacht von Gemeindepädagogin Grolman auch als PDF herunterladen:

Der Monatsspruch für den September lautet:

Ihr sät viel und bringt wenig ein; ihr esst und werdet doch nicht satt; ihr trinkt und bleibt doch durstig; ihr kleidet euch, und keinem wird warm; und wer Geld verdient, der legt's in einen löchrigen Beutel.
Haggai 1,6 (L)

Dieser Text ist über 2500 Jahre alt und lässt mich sofort an einen Liedtext der „Toten Hosen“ denken, der über 20 Jahre alt ist:

Warum werde ich nicht satt?

Was für ’ne blöde Frage, ob das wirklich nötig ist.
Ich habe halt zwei Autos, weil mir eins zu wenig ist.
Sie passen beide in meine Garage, für mich ist das Grund genug.
Was soll ich sonst in diese Garage neben meiner Riesen-Villa tun?
Die Geräte für den Swimmingpool liegen schon im Gartenhaus,
und die Spielzeugeisenbahn ist im Keller aufgebaut.

Jeden Sonntag zähle ich mein Geld, und es tut mir wirklich gut,
zu wissen wieviel ich wert bin, und ich bin grad hoch im Kurs.
Ich hatte mehr Glück als die meisten, habe immer fett gelebt.
Und wenn ich wirklich etwas wollte, hab‘ ich’s auch gekriegt!

Warum werde ich nicht satt?

Ich bin dankbar für mein Leben, hab vieles mitgenommen.
Aus allen Abenteuern immer heil herausgekommen.
Jede Menge Parties und Drogen sowieso.
Und auch mit den Frauen war meistens etwas los.
Ich habe wirklich tolle Freunde, man kümmert sich sehr nett.
Und auf dem Friedhof ist der beste Platz reserviert für mich.

Warum werde ich nicht satt?
Warum werden wir nicht satt?

Warum werden wir nicht satt? Obwohl wir mehr haben, als viele und in einem Land leben, dem es wirtschaftlich eher gut geht. Offenbar führt das Streben nach Materiellem nicht automatisch zu Wohlstand und Zufriedenheit.

Der Prophet kritisiert, wie sehr die Menschen an den materiellen Dingen hängen. So baut das jüdische Volk nach seiner Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft nach Jerusalem die eigenen Häuser wieder auf – der Tempel als Ort der Anwesenheit Gottes allerdings bleibt in Trümmern. Haggai warnt: „Wenn ihr euch darauf beschränkt, dann wird euer Leben leer und kalt, ihr bleibt durstig und das Geld zerrinnt zwischen euren Fingen wie Sand. Also schafft euch wieder eine geistliche Heimat. Baut den Tempel wieder auf. Lasst Gott bei euch wohnen. Wenn ihr nur auf euren Besitz, auf Sachen und Dinge achtet, dann werdet ihr keinen Frieden und keine Zufriedenheit finden. Gebt Gott einen festen Platz in eurem Leben und seid füreinander da, denn das ist Gottes Wille und Auftrag für euch.“

Gottesdienst ist gefragt: Das heißt Respekt und Achtung für den Mitmenschen und Dienst am Nächsten – nicht wir selbst haben Vorrang – und Dienst an Gott im Alltag, nicht nur sonntags.
So können wir wirklich satt werden.

Das ist auch meine Sehnsucht: Die richtigen Prioritäten setzen in diesem Leben; von Gottes Güte her leben und seine Liebe verkünden und weitergeben. Und am Ende meines Lebens so aus diesem Leben gehen, wie es von Abraham berichtet wird: Er starb alt und lebenssatt (1. Mose 25,8).

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