Hier können Sie die Andacht von Timo Henkel auch als PDF herunterladen.

Ich sitze auf meiner Terrasse im Garten und denke daran, wie dieses Haus noch vor knapp zwei Jahren ausgesehen hat. Ganz anders, irgendwie. Der Vorbesitzer war alleinstehend und hatte eine ganz andere Raumeinteilung. Wir haben alles natürlich an die Bedürfnisse einer Familie angepasst. Wie schön, dass wir alles individuell so machen konnten, wie wir wollten. So war sogar ein kleiner Pool für die Kinder und ein Nähzimmer für meine Frau möglich. Wäre ja auch schrecklich, wenn alle das gleiche Haus oder die gleiche Wohnung hätten. Man kann seine Räume halt gestalten, wie man möchte.

Das Verrückteste in Sachen Raumgestaltung erzählte mir mal ein Handwerker. Er verlegte in unserem Flur einen Steinteppich und erzählte dabei von einem Paar, das die komplette Wohnung in tiefem Schwarz gestalten ließ. Und das gilt nicht nur für den Teppich, sondern auch für die Tapeten, Wände und Decken. Ich würde es wohl keine Nacht in der Wohnung aushalten und darin wohnen.

Aber so unterschiedlich sind wir Menschen nun mal. Wir leben im Zeitalter der Individualität und es ist gut, dass jeder so leben kann und sein Wohnzimmer so gestalten kann, wie er möchte. Das gilt auch für‘s Leben; die Menschen gestalten ihr Leben gefühlt viel individueller als noch vor 20-30 Jahren.

Gleichzeitig habe ich es aber auch immer erlebt, dass Menschen sagen, dass ihr individueller Lebensstil nicht zum Glauben passt, oder zu Gott passt und sie deswegen nicht glauben. Jemand, der Metal hört, als tiefgläubiger Christ? Ein Rocker, der an Jesus glaubt? Ein gläubiger Fußballstar? Diese Vorstellungen passen nicht in jeden Kopf. Viele haben ein ganz bestimmtes Bild vor Augen, wenn sie an einen Christen denken. Vermutlich ein älterer Herr mit Fliege.

Interessanterweise sind Jesus die unterschiedlichsten Menschen nachgefolgt. Klar, wir wissen, dass sich besonders arme Menschen und sozial Benachteiligte von Jesus angesprochen gefühlt haben. Aber schnell übersieht man dabei, dass Jesus mit jedem Menschen, egal aus welchem Umfeld er auch kam, gleich fair umgegangen ist. Dabei waren es ganz unterschiedliche Menschen, egal ob einfacher Tagelöhner, oder römischer Soldat oder Schriftgelehrter. Das waren damals die religiösen Führer, von denen viele Jesus verachteten. Andere aber waren auf Jesus neugierig. Für diese Pharisäer hatte Jesus ebenfalls ein offenes Ohr übrig, genau wie für die anderen Menschen, die ihm nachfolgten.

Wir sehen also, egal welchem Typ Mensch Jesus begegnet ist, egal wie individuell die Menschen waren, alle konnten zu ihm kommen und alle waren bei ihm willkommen. Das galt damals für die vielen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen und das gilt auch heute noch bei all unserer Individualität.

Wie hat Jesus das gemacht? Wie genau können wir uns das vorstellen? Nun ja, das erkennen wir zum Beispiel in der Geschichte um Zachäus.

Sie steht in Lukas 19, 1-17
1 Jesus zog mit seinen Jüngern durch Jericho.
2 Dort lebte ein sehr reicher Mann namens Zachäus, der oberste Zolleinnehmer.
3 Zachäus wollte Jesus unbedingt sehen; aber er war sehr klein, und die Menschenmenge machte ihm keinen Platz.
4 Da rannte er ein Stück voraus und kletterte auf einen Maulbeerfeigenbaum, der am Weg stand. Von hier aus hoffte er, einen Blick auf Jesus werfen zu können.
5 Als Jesus dort vorbeikam, schaute er hinauf und rief: »Zachäus, komm schnell herunter! Ich soll heute dein Gast sein!«
6 Eilig stieg Zachäus vom Baum herunter und nahm Jesus voller Freude mit in sein Haus.
7 Als die Leute das sahen empörten sie sich über Jesus: „Wie kann er das nur tun? Er lädt sich bei einem Gauner und Betrüger ein“.

Wenn ich mir die Geschichte genauer ansehe, stelle ich fest, dass ich um Jesus kennen zu lernen nicht religiös sein muss. Es genügt etwas gesunde Neugierde und die Bitte, dass Jesus einfach mal vorbeikommt. Das sind alle Voraussetzungen für die Gemeinschaft mit Jesus. Und so ist Jesus. Er zwängt uns nichts auf. Er möchte nicht, dass ich für ihn jemand anderes bin. Sondern, dass ich ihn einfach kennen lerne.

Während ich noch auf der Terrasse sitze, stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn Jesus jetzt hereinkommen würde. Was würde er zu meinem Garten sagen? Das wird sich wohl schwer beantworten lassen. Aber ich kann mir sicher sein, dass Jesus mich annehmen würde wie ich bin, ganz individuell. Darauf können wir uns verlassen.

Timo Henkel, Diakon & Gemeindepädagoge