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Geschenke im Leben aus Gottes Hand.

Letztens am Frischemarkt in Eickel stand ein Mann, der neben einer Obdachlosenzeitung auch einen Trinkbecher aus Papier in seinen Händen hielt, um die Passanten um eine Spende aus Kleingeld zu bitten. Er war fröhlich am Singen und unterbrach seinen Gesang nur, wenn er einen vorbeigehenden Passanten um eine Spende bitten wollte oder das Obdachlosenmagazin feilbot. Wenn er dann etwas Kleingeld erhielt, war er dankbar und trällerte sein Liedchen fröhlich weiter, wenn er nichts bekam, trällerte er trotzdem fröhlich. Trällern bedeutet, gutgelaunt und ohne den genauen Text wiederzugeben, singen. Der Mann, er mag aus Osteuropa stammen, sang sein Lied gut gelaunt weiter egal, ob seine mühsame Bettelarbeit von Erfolg gekrönt war oder nicht. Was mich an seinem Verhalten beeindruckte war seine Gelassenheit im Blick auf das, was kommt, oder nicht kommt.

Ich kenne das auch. Die Dinge, von denen ich meine, dass sie unbedingt ganz wichtig und unverzichtbar sind, und daher so auch eintreffen müssen, strapazieren meine Geduldsfäden meist sehr. Umso überraschter bin ich, wenn Dinge eintreffen, mit denen ich eigentlich gar nicht gerechnet habe.

In unserer an Initiativen und Engagement reichen Zeit, ist es für viele Menschen schwierig, gelassen an die Dinge heranzugehen. Sei es das Gemeindeleben ein Stück weit in Gottes Hand zu belassen und sich an dem, was er zuteilt, genügen zu lassen. Sei es darauf zu schauen, was schon sichtbar ist, von dem, was Gott meint, dass jetzt dran sei. Auch entdecke ich immer wieder eine Unruhe in unserer Kirchengemeinde, die entsteht, wenn Gemeindegruppen in der Corona-Zeit nicht mehr so stattfinden können, wie es früher einmal gewesen ist. Mühsam versuchen viele Hände in unserer Gemeinde alles zusammenzuhalten und sind dabei sehr engagiert. Der Bettler vom Frischemarkt Eickel jedoch ist mir dabei eine Hilfe zu verstehen, dass ein wenig mehr Gelassenheit in meinem Leben und in unserer Kirchengemeinde möglicherweise gar nicht so falsch sein könnten.

Gerade in dieser Adventszeit bekommen wir wieder die Chance von Gott geschenkt zu verstehen, dass es oftmals nicht an unserem Tun liegt, wenn Dinge schneller oder langsamer voranschreiten. Denn alles hat ja seine Zeit, wie es beim Prediger Kohelet heißt. Das heißt ja nicht, dass ich meine Hände in den Schoß lege und das Apfelbäumchen nicht pflanze, das ich pflanzen kann. Sondern das heißt für mich, dass die Glücksmomente des Lebens nicht das Ergebnis meiner Hände Werk sind, sondern als Geschenk mein Leben erfreuen sollen. Ein Geschenk aus Gottes Hand.

Und gerade das bevorstehende Weihnachtsfest lebt von der Überraschung. Seien es die Geschenke, die wir einander in materieller Hinsicht machen, seien es die Momente der Gemeinschaft mit Familie und Freunde, die ein noch größerer Schatz sein können, wenn wir gelassen draufzugehen und nicht versuchen alles ungeduldig übers Knie zu brechen oder gar enttäuscht zu sein, von all den gut gemeinten Geschenken. Vielleicht begegnet uns Gott ja in dieser Advents- und der folgenden Weihnachtszeit ganz unvermutet. Komme, was da wolle. Denn die Geburt Jesu kam auch plötzlich und unvermutet. 700 Jahre war die Weissagung des Jesaja schon her. Damit konnte doch keiner mehr rechnen, dass Gott Mensch wird, nach so langer Zeit. Mit Gott kann doch keiner rechnen. Das stimmt. Er lässt sich nicht ausrechnen, er geht es gelassen an und ist einfach da. Komme, was da wolle.
„Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion! Denn siehe, ich komme und will bei dir wohnen, spricht der HERR.“ (Sacharja 2,14)

Dr. Frank Weyen, Pfr.