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Neige, Herr, dein Ohr und höre! Öffne, Herr, deine Augen und sieh her!
2. Kön 19,16

Es ist ein Hilferuf. Wie ein Ertrinkender im Meer ruft König Hiskia inmitten der Wellen der Verzweiflung zu Gott um Hilfe und Rettung. Höre mich doch! Mach deine Augen auf und sieh es dir mit eigenen Augen an! Du musst doch die Not sehen, in der wir uns befinden. Du musst doch unser Schreien hören. Und die Hoffnung in diesem Hilferuf: Wenn Gott es sieht und hört, wird er auch etwas dagegen tun. Er wird zur Hilfe eilen, er wird die Not lindern, er wird dafür sorgen, dass alles in Ordnung kommt.

Ich höre diesen Hilferuf auch heute noch. Ich höre ihn bei den Menschen, die in den letzten Wochen durch die Überflutungen nicht nur Besitz, sondern auch Menschen verloren haben. Ich höre die Klage in ihrem Hilferuf. Hört uns doch! Seht her! Tut etwas! Ich höre ihn von den mehr als 70 Millionen Flüchtlingen weltweit, deren Not keiner mehr wahrnimmt und die trotzdem da sind: Durch Bürgerkriege und Verfolgungen, durch Gewalt und Unterdrückung, durch Hunger und existentielle Not. Ich höre diesen Hilferuf der ganzen Schöpfung Gottes, die seufzt und ächzt und um Hilfe schreit. Immerhin verbrauchen wir seit dem 29. Juli für den Rest des Jahres mehr als uns die Schöpfung geben kann.

Diese Welt schreit vor Hilferufen. Und ich stimme heute mit ein: Mit den Opfern der Überflutungen, mit den Flüchtlingen, die ihre Heimat verloren haben, mit der Schöpfung. Ich stimme mit ein – nicht aus Verzweiflung oder Resignation. Ich stimme mit ein aus Hoffnung und Zuversicht, aus Vertrauen in den Einen, der hilft und der rettet. In den Einen, der trägt und mitgeht, der in den Arm nimmt und tröstet. Aus Vertrauen in das Kreuz, in dem Verzweiflung und Hoffnung einander begegnen. Und die Hoffnung aufersteht. Wie auch bei Hiskia, als Gott ihm antwortet: Ich will diese Stadt beschirmen! Da bekommt das Wort Rettungsschirm eine ganz neue Bedeutung.

Sei gesegnet.

Pfarrer Michael Thoma