Hier können Sie die Andacht von Pfarrer Weyen auch als PDF herunterladen:
Wir dürfen Gottesdienst feiern!
Heute hätte es wieder Helau und Alaaf geheißen. Reime, Scherze, Reden, Musik und Schunkelei hätte sich am Beginn der fünften Jahreszeit im Rheinland wieder die Hand gereicht. Einen Westfalen, der zudem evangelisch ist und nicht aus dem Münsterland stammt, lässt es zugegeben eigentlich kalt, wenn in diesem Jahr die heiße Feierlaune im Rheinland am 11.11. nicht ausbrechen darf. Weder in Köln, Düsseldorf, Mainz oder auch nicht in Münster. Aber, das muss auch ich als nüchterner Protestant zugeben, irgendetwas fehlt da doch an diesem Tag. Es gehört eben dazu, dass im November noch einmal ein Fass aufgemacht wird, dass zu Beginn der Vorbereitungszeit auf Ostern, in der Passions- und Bußzeit, dann nach den „Tollen Tagen“ für einige Monate wieder geschlossen wird. Feiern ist in diesem Jahr leider durch die gefährliche Corona-Infektionslage nicht angesagt. Das verstehen auch die Jecken unter uns Protestanten und Protestantinnen.
Feste und Feiern gehören wie selbstverständlich zu unserem Leben und zu unserer evangelischen Kirche hinzu. Nicht nur das Abendmahl ist ein echtes Fest, sondern jeder Gottesdienst, den wir, wie es so schön heißt, miteinander feiern. In diesem Verständnis von evangelischem Gottesdienst wird schon deutlich, dass wir nichts zelebrieren, verwandeln, ‚hocus-pocus-Fidibus‘ betreiben, sondern, dass jeder Gottesdienst, den wir als evangelische Christinnen und Christen mindestens einmal pro Woche feiern, ein Geschenk Gottes an uns ist.
„…nichts hab ich zu bringen, alles Herr bist Du“, heißt es in dem Kirchenlied ‚Stern auf den ich schaue‘ aus dem Gesangbuch (eg 407). Darin wird deutlich, dass wir im Angesicht des Reformationsfestes auch am Tag des geplanten und abgesagten ‚Ausbruch des Karnevals‘ daran festhalten können, dass der Gottesdienst, wie wir diesen traditionell und liturgisch richtig in unseren Kirchen feiern, nichts ist, über das wir nach unserem eigenen Geschmack und einem möglichen Unterhaltungswert selbst verfügen können. Sondern wir stellen uns mit jedem Gottesdienst in die große Tradition von rund 800 Mio Menschen auf unserem Erdenrund, die gemeinsam an jedem Sonntag sich mit einem Gottesdienst von Gott beschenken lassen. Sei es mit Musik, mit Gebeten, der Predigt oder einem neuen Gedanken, den ich in der Entspannung des Gottesdienstes habe neu fassen können, und der mich durch meine kommende Woche trägt. Das ist das große Geschenk Gottes an uns: Frei und ohne Furcht Gottesdienst feiern zu können, in jede Kirche gehen zu können, um mich von Gott reich beschenken zu lassen. Wer sich dabei darin verbeißt, dass einem Predigt, Lieder oder andere Dinge nicht gefallen, der oder diejenige verpasst möglicherweise das Geschenk, dass Gott dir oder mir im Gottesdienst machen will.
Darum: Wir haben wirklich nichts zu bringen, was Gott uns nicht schon geschenkt hätte. Mit unseren Leben, mit unserer Taufe, mit jedem Tag, den wir erleben dürfen, und auch mit jedem Gottesdienst aus Gottes Hand. Alaaf und Helau fallen dieses Jahr aus. Gott sei Dank, wir dürfen noch Gottesdienste feiern. Denn:“…alles Herr bist Du!“
Pfarrer Dr. Frank Weyen