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Die Zwölf-Apostelkirche in Wanne-Süd wird von manchen Zeitgenossen als dunkel und düster wahrgenommen. Auf den ersten ungenauen Blick hin trifft dies möglicherweise auch für den Betrachter zu. Der viele Backsteinklinker ist in der Tat etwas dunkel geraten. Aber immer noch besser als die Fliesen und Kachelvariante, die mancher Presbyter sich Ende der 1950er Jahre so vorgestellt hatte. Die Waschkaue auf Zeche ließ hier grüßen. Aber, und das ist das Besondere an dieser neuen Zwölf-Apostelkirche aus dem Jahre 1963: Der Kirchraum lebt von den Glasfenstern. Die sind das Entscheidende, weil sie biblische Botschaften erzählen und zugleich die Kirche hell machen. Die Bibel macht die Kirche hell. Keine Kerze, keine Lampe und auch keine noch so kluge Leuchte schafft das.

Die Glasfenster stammen von dem westfälischen Glas-Künstler Karl Hellweg, der in den 1960er Jahren viele Kirchen in Westfalen mit Glasfenstern ausgestattet hatte. Damals baute man noch Kirchen neu.

Hinter dem ältesten Taufstein in Wanne-Eickel aus dem Jahre 1658 nun befindet sich das größte Glasfenster von Karl Hellweg in der Zwölf-Apostelkirche. Es zeigt die Unordnung des Meeres und der Erde, über die sich ein Regenbogen spannt. Oberhalb des Regenbogens fliegt der Heilige Geist in Form einer Taube herab und alles ist wohl geordnet, weil Gott ein Gott der Ordnung ist, so kann Karl Hellwegs Intention theologisch gedeutet werden.

Aber, wenn wir in die Bibel blicken, wird mehr daraus. Der Regenbogen wurde im Alten Testament in der Noah-Geschichte von Gott als Zeichen seiner Treue und Liebe zu den Menschen geschaffen, nachdem er die Erde mit seiner Sintflut verwüstet hatte. „Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich geschlossen habe zwischen mir und euch und allem lebendigen Getier bei euch auf ewig. Meinen Bogen habe ich gesetzt in die Wolken. Darum soll mein Bogen in den Wolken sein, dass ich ihn ansehe und gedenke an den ewigen Bund zwischen Gott und allem lebendigen Getier unter allem Fleisch, das auf Erden ist.“ (1. Mose Kapitel 8/9).

Am zurückliegenden Erntedankfest haben wir der reichen Gaben gedacht, die wir für unser täglich Brot im zurückliegenden Jahr zur Verfügung hatten. Trotzdem wir uns in einer schweren bedrohlichen Krise befinden. Gott bleibt treu und hält sich an seine Zusagen. Er lässt die Menschheit nicht untergehen. Egal was kommt, egal wie böse wir uns untereinander verhalten. Und die Nachrichten sind voll von derartigen üblen Taten der Menschheit, Tag für Tag. Doch Gott weiß um den Menschen und seinem Hang zum Bösen. Er will sich davon aber nicht mehr beindrucken lassen. Hat er den Regenbogen mit seinen sieben für unsere Augen sichtbaren Spektralfarben als Erinnerung für ihn, Gott selbst, und für uns an den Himmel gesetzt, so hat er mit Jesus Christus an Karfreitag und am Ostermorgen erneut und noch viel stärker bekräftigt, was ihm wichtig ist: „Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Darum soll mein Bogen in den Wolken sein, dass ich ihn ansehe und gedenke an den ewigen Bund zwischen Gott und allem lebendigen Getier unter allem Fleisch, das auf Erden ist.“ Gott sagt zu uns, trotzdem wir so sind, wie wir Menschen nun einmal sind, sein deutliches „Ja“. Jeden Tag neu und ganz bestimmt in dieser schweren Zeit der Corona-Krise auf diesem Erdenrund.

Daher macht der Regenbogen von Wanne-Süd die Zwölf-Apostelkirche in ganz besonderer Art und Weise hell und klar. Wo Gottes Regenbogen leuchtet, ist keine Dunkelheit mehr, sondern farbenfrohe Buntheit, wie das Leben nun einmal ist.

Dr. Frank Weyen, Pfr.