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Johannes 13, 34-35
Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander liebhabt.
Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.

Ein neues Gebot. Hatten wir nicht in den letzten Monaten schon zahlreiche Erlässe und Verordnungen, Gesetze und Beschlüsse? In all den Unsicherheiten der Bürgerinnen über Urlaubsreisen und Beherbergungsverbote, in all den Abwägungen der Politiker zwischen Ausnahmeregeln und persönlichen Grundrechten stellt sich immer die Frage: Wofür brauchen wir sie? Die Antwort: Sie sollen helfen.

Damit ich aber ein Gebot als hilfreich (und nicht als beengend) empfinden kann, muss mindestens einer der folgenden zwei Faktoren zutreffen: Entweder ich kann dem Geber der Gebote völlig vertrauen und/oder die Gebote erweisen sich mir als logisch und schlüssig nachvollziehbar. Und deshalb ist es umso wichtiger, dass die Gesetze unserer Zeit schlüssig bleiben.

Unabhängig aber auch wie tief mein Glaube – also mein Vertrauen – in Gott ist, selbst wenn die Skepsis größer als das Vertrauen in IHN wäre, so bleiben seine Gebote aus meiner Sicht hilfreich, weil sie schlüssig sind. Und wer seinen Blick auf dieses neue Gebot von Jesus richtet, findet darin eben ein Schlüssel-Gebot. Nicht nur, weil es der Schlüssel für die anderen Gebote ist, sondern weil ihm auch ein schlüssiges Ursache-Wirkungs-Prinzip innewohnt: So wie du Liebe empfängst, gibst du sie weiter. Ich bin Empfänger und Geber. Das eine braucht das andere, damit die Liebe weder zum auferlegten Zwang noch zur grenzenlosen Ich-Bezogenheit wird. Nur so bleibt die Liebe in ihrem Wesen erhalten.

Die Folge dieses Gebots – in seiner Wechselwirkung gelebt – ist zweierlei. Einerseits hat es eine Innenwirkung: Der Einzelne als auch die Gemeinschaft erfährt darin eine „Seligkeit“, ein Glück. Andererseits hat es eine Außenwirkung: Daran wird sichtbar, zu wem ich gehöre. Und ich bin zutiefst davon überzeugt: Daran werden wir uns als Kirche messen lassen müssen. Oder nein: Daran werden wir längst gemessen, wenn wir genau hinsehen: auf Grund gemachter Erfahrung und Begegnung. Mit welcher Haltung wir als Christen anderen begegnen (und zwar überall), daran werden Menschen Christus erkennen. Oder eben nicht. Jesus verweist uns auf eine liebende und dienende Haltung.

Um dieses Gebot als hilfreich (und nicht als bedrückend) zu verstehen, mag es reichen darauf zu verweisen, dass es schlüssig ist. Aber um diese Haltung leben zu können, braucht es das Andere: Das tiefe Vertrauen in den Liebenden. Nicht aus mir. Das wäre vermessen. Sondern aus seiner Liebe.

Pfarrer Michael Thoma